zeit.geschichte
Die Alliierten in Österreich - Very British
Die Besatzungsjahre unter den Briten waren für den Sänger, Komponisten und TV-Star Udo Jürgens die Grundlage seines späteren Weltruhmes. Für viele ehemalige britische Besatzungssoldaten zählte die Zeit in der Steiermark und in Kärnten zu den schönsten ihres Lebens: Kärntner Seen, steirisches Bier, österreichischer Schnee. Doch die Erinnerung verklärt, denn gerade die Briten nahmen ihre Aufgabe als Besatzungsmacht sehr ernst. Sie verstanden sich als Lehrer in Sachen Demokratie und handhabten die Entnazifizierung streng.
Zehntausende junge britische Männer mussten ihren Militärdienst weit weg von zu Hause in der Steiermark oder in Kärnten leisten – ein durchaus angenehmer Einsatzort im Vergleich zu anderen im damals noch riesigen Empire. Major Radley erinnert sich heute noch gern an seine Jahre in Graz zurück, auch an die Schlußworte seines Kommandanten Colonel Alex Wilkinson in jeder Rede an die Bevölkerung: „Keep smiling, Steirer!“
Als Kind in den ersten Jahren des befreiten Österreich aufzuwachsen, war eine harte und abenteuerliche Erfahrung. Ein interviewter Zeitzeuge, dessen Vater im Krieg gefallen war, stieß als Kind bei seinen Streifzügen durch die Wälder rund um Fürstenfeld in der Oststeiermark immer wieder auf Leichen. Es waren gefallene oder exekutierte Soldaten. Udo Jürgens holte als Elfjähriger aus Versorgungszelten der Besatzungssoldaten Essbares und Zigaretten: „‚Gefladert‘ würde man heute sagen. Aber die Soldaten haben weggeschaut und uns die Sachen nehmen lassen. Es war auch eine Art soziale Hilfe!“
Robert Gokl machte einen ehemaligen britischen Besatzungssoldaten ausfindig, der in Österreich blieb. Zu Wort kommt auch ein Wiener, der nach dem Anschluss im März 1938 seine Heimat verlassen musste. Der Nationalsozialismus machte ihn zum Waisenkind: Seine Eltern wurden ermordet, er selbst überlebte nur, weil er 1939 noch einen Platz in einem Kindertransport nach London fand. Als er 1946 als Besatzungssoldat zurückkam, fand er im hungernden Nachkriegsösterreich nicht nur keine gefüllten Paprika, sondern bekam sogar Vorwürfe zu hören wie „ihm sei es ja in England gut gegangen“.
Robert Gokls Film erzählt, wie die Bewohner der britischen Zone mit der Devise: „Give the Austrians a second Chance" umgegangen sind. Als „Very British" präsentierte sich auch die importierte Lebensart. Mit Schottenrock bekleidete, Dudelsack blasende Männer hatten die meisten zuvor noch nie gesehen. Mancher britische Soldat verfiel dem Charme der Besetzten, fand Gefallen an Land und Leuten und schlug seine Zelte für immer in Österreich auf.
Film von Robert Gokl