Universum History

Eiskalte Leidenschaft - Leni Riefenstahl zwischen Hitler und Hollywood

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Eine gescheiterte Tänzerin ist auf der Suche nach einer neuen Perspektive und ein gefeierter Bergfilmregisseur auf der Suche nach perfekten Bildern.

1932 brechen Leni Riefenstahl und Arnold Fanck zu fünfmonatigen Dreharbeiten nach Grönland auf. Sie ist eine gescheiterte Tänzerin, die sich als Schauspielerin versucht, er ein avantgardistischer Bergfilmregisseur. „SOS-Eisberg“ ist die erste deutsch-amerikanische Filmproduktion und das bis dahin riskanteste und teuerste Spielfilmprojekt in der Geschichte. Die spektakulären Dreharbeiten und Naturaufnahmen sind der Hintergrund für die „Universum History“-Dokumentation „Eiskalte Leidenschaft – Leni Riefenstahl zwischen Hitler und Hollywood“ von Annette Baumeister (ORF-Bearbeitung: Judith Brandner), die dem beruflichen wie privaten Verhältnis von Fanck und Riefenstahl nachgeht. Und ferner die eiskalte Berechnung aufzeigt, mit der Riefenstahl ihre Karriere verfolgt. Während Fanck nach der Weigerung, in die NSDAP einzutreten, mangels Aufträgen in ökonomische Schwierigkeiten geriet, reüssiert Riefenstahl ab 1933 unter den Nationalsozialisten.

Annette Baumeister zeichnet in ihrer Doppelbiografie das unbekannte Bild zweier eng verzahnter Karrieren. Riefenstahl lobt Fancks Arbeit als künstlerisch und avantgardistisch und übernimmt später als Filmregisseurin die von ihm entwickelten Kamera-Techniken und Kamera-Einstellungen. „SOS-Eisberg“ führt die beiden zusammen, danach erfolgt ein harter Schnitt.

ORF/Gebrüder Beetz Filmproduktion/Matthias Fanck
Archivfoto Arnold Fanck; im Hintergrund: auf Ski montierte Kamera.

Der Pioner des Naturfilms

Arnold Fanck, geboren 1889 in Rheinpfalz. Der Geologe, Fotograf, Erfinder, Kameramann, Filmproduzent, Drehbuch- und Buchautor sowie Filmregisseur gilt als einer der Pioniere des Berg-, Sport-, und Naturfilms. Er studiert Kunstgeschichte und Philosophie in München und Berlin sowie Geologie und Chemie an der Universität Zürich. Nach dem Ersten Weltkrieg kauft er seine erste Filmkamera, eine Kurbelkamera in einem Holzgehäuse, mit der er – revolutionär für die damalige Zeit – in der freien Natur und in den Bergen dreht.

ORF/Gebrüder Beetz Filmproduktion/Friedrich Wilhelm Murnau Stiftung
Standbild aus „SOS Eisberg“: Leni Riefenstahl und Gustav Diessl.

Die umstrittene Filmikone

Leni Riefenstahl, geboren 1902 in Berlin, ist eine der umstrittensten Persönlichkeiten der Filmgeschichte. Sie arbeitet als Filmregisseurin, -produzentin und -schauspielerin, Drehbuchautorin, Schnittmeisterin, Fotografin und Tänzerin und gründet mit 29 Jahren ihre eigene Filmfirma. 1932 hat sie mit „Das blaue Licht“ ihr vielbeachtetes Regiedebüt. Adolf Hitler gratuliert ihr persönlich. Als innovative Filmemacherin und eine der ersten und erfolgreichsten Frauen in der Filmbranche wird sie bewundert und gefeiert, wegen ihrer Verstrickung ins NS-Regime und ihrer propagandistischen Filme für die Nationalsozialisten heftig kritisiert. Nach 1945 wird sie kurzzeitig verhaftet und von den Alliierten zu ihrer Rolle im NS-Regime verhört, 1949 in einem Spruchkammerverfahren zur „Mitläuferin“ des Naziregimes erklärt und später entnazifiziert. Sie stirbt 2003 im Alter von 101 Jahren.

ORF/Gebrüder Beetz Filmproduktion/Matthias Fanck
Archivfoto Arnold Fanck und Crew beim Dreh zu „Stürme über dem Mont Blanc“.

Die Dokumentation zeigt Ausschnitte aus den größten Filmen Arnold Fancks und Leni Riefenstahls, wie „SOS-Eisberg“, „Die weiße Hölle vom Piz Palü“ (1929) oder „Stürme über dem Mont Blanc“ (1930). Reinhold Messner, Willy Bogner und Fancks Enkel, Matthias Fanck, würdigen in der Doku die bahnbrechenden Innovationen des Fanckschen Bergfilms. Experten und Expertinnen schildern Leni Riefenstahl in neuem Licht. Die Dekonstruktion des Mythos Riefenstahl ist zugleich eine späte Würdigung des nahezu vergessenen Filmpioniers Arnold Fanck.

Gestaltung

Annette Baumeister