"Der große Weinskandal": Weinstock
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Weinstock

Menschen & Mächte

Panscher, Pleiten und Prozesse - Der große Weinskandal 1985

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Es ist ein Skandal, der im Sommer 1985 die Schlagzeilen bestimmt, ein Wirtschaftskrimi mit Weinpanschern und geheimnisvollen Informanten, mit geleakten Weinproben und vertuschten „Giftwein-Seen“, mit internationalen wirtschaftlichen und politischen Verflechtungen und jahrelangen Verfahren vor österreichischen und deutschen Gerichten: der Glykol-Weinskandal.

Dutzende Weinbauern und -händler aus Österreich panschten viele Millionen Liter ihrer süßen Weine mit Frostschutzmittel und verkauften sie europaweit, vor allem nach Deutschland. Der Fall trieb Medien und Konsumenten bis zur Hysterie, brachte eine ganze Branche in Verruf, zerstörte Existenzen und trieb Menschen in den Selbstmord. Doch langfristig führte er zu einem erstaunlichen Wandel – die weltweit in Verruf geratenen österreichischen Weine gehören heute zu den qualitativ hochwertigsten der Welt.

Die „Menschen & Mächte“-Neuproduktion „Panscher, Pleiten und Prozesse – Der große Weinskandal 1985“ von Dominic Egizzi zeichnet am Donnerstag, dem 24. Juli 2025, um 21.05 Uhr in ORF 2 und auf ORF ON die Ereignisse in Österreich und in Deutschland aus Sicht von Ermittlern, Tätern, Betroffenen und Geschädigten nach. Die Dokumentation zeigt Hintergründe auf, die zu systematischer Panscherei und zu jahrelangen illegalen Machenschaften führten – und beschreibt, welche Auswirkungen der Skandal bis heute hat.

Ins Rollen gerät der Fall durch einen geheimen Informanten, der Ende 1984 die landwirtschaftlich-chemische Versuchsanstalt in Wien betritt. Er hat eine Flüssigkeit dabei und erklärt einem Beamten: „Das ist das Mittel, mit dem in Österreich massenweise Wein gefälscht wird.“ Weininspektoren durchsuchen Wochen später Hunderte Betriebe. Manche Winzer verstecken den gestreckten Wein in doppelten Tanks, in Kellern oder alten Bunkern. Andere schütten Tausende Liter in den Ausguss, mit der Folge, dass eine Kläranlage überfordert ist und in den umliegenden Gewässern Aale sterben. Ein Bild, das sich einprägt: Der gepanschte Wein tötet. Zumindest Tiere. Das Image der österreichischen Weine könnte damals kaum schlechter sein.

Medien und Konsumenten in Deutschland und Österreich reagieren zum Teil hysterisch, berichten von vermeintlichen Toten, Kranken und Vergifteten. „Glykol“ ist 1985 in aller Munde und wird in Deutschland sogar zum „Wort des Jahres“ gewählt. Im Juli 1985 warnt der deutsche Gesundheitsminister Heiner Geißler davor, österreichische Prädikatsweine zu trinken. Dann wird klar, dass auch deutsche Weine mit Glykol belastet sind – vor allem jene der Firma Pieroth, damals der größte Weinhändler Deutschlands. Der Verdacht: Die Firma habe illegal minderwertige österreichische Weine mit deutschen vermischt und als Prädikatsweine teuer verkauft.

Ähnlich wie in Österreich gefährdet der Skandal auch in Rheinland -Pfalz nicht nur die Weinbranche. Im Interview für den Film beschreibt der ehemalige Oppositionsführer und spätere Ministerpräsident Rudolf Scharping die damalige Sorge vor einer Kettenreaktion: „Glauben Sie, dass jemand nach Rheinland-Pfalz fährt nach dem Motto, ich mach da mal ein schönes Weinwochenende, wenn der den Verdacht haben muss, er kriegt da eine gepanschte Brühe vorgesetzt?“

„Menschen & Mächte“ zeichnet die Ereignisse aus Sicht von Tatverdächtigen und Geschädigten nach. Experten und Zeitzeugen beschreiben, welche – auch positiven – Auswirkungen der Skandal hatte, darunter der spätere Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz Rudolf Scharping, der Wiener Weinexperte Klaus Postmann, die Mainzer Historikerin Verena von Wiczlinski und die burgenländischen Winzer Arnold Tschida sowie Hans und Kurt Feiler.

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"Der große Weinskandal": Regisseur Dominic Egizzi im Gespräch mit Winzer Hans Feiler
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Regisseur Dominic Egizzi im Gespräch mit Winzer Hans Feiler
"Der große Weinskandal": Hans Feiler, Winzer aus Rust
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Hans Feiler, Winzer aus Rust
"Der große Weinskandal": Ein Whistleblower meldet sich im Winter 1984: „Das ist das Mittel, das östereichische Winzer in den Wein mischen“.
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Ein Whistleblower meldet sich im Winter 1984: „Das ist das Mittel, das östereichische Winzer in den Wein mischen“.
"Der große Weinskandal": Ein Whistleblower meldet sich im Winter 1984: „Das ist das Mittel, das östereichische Winzer in den Wein mischen“.
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Ein Whistleblower meldet sich im Winter 1984: „Das ist das Mittel, das östereichische Winzer in den Wein mischen“.
"Der große Weinskandal": Peter Karfeld, Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach
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Peter Karfeld, Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach
"Der große Weinskandal": Klaus Postmann, Weinjournalist
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Klaus Postmann, Weinjournalist
"Der große Weinskandal": Arnold Tschida, Inhaber Rebschule Tschida
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Arnold Tschida, Inhaber Rebschule Tschida
"Der große Weinskandal": Weinfest in der Wachau
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Weinfest in der Wachau
"Der große Weinskandal": Weinstock
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Weinstock
"Der große Weinskandal": Werner Klopfer, Ehem. Geschäftsführer „Pieroth“
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Werner Klopfer, ehem. Geschäftsführer „Pieroth“
"Der große Weinskandal": Verena von Wiczlinski, Historikerin "Johannes Gutenberg Universität" in Mainz
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Verena von Wiczlinski, Historikerin "Johannes Gutenberg Universität" in Mainz
"Der große Weinskandal": Weingärten in Rheinland-Pfalz
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Weingärten in Rheinland-Pfalz
"Der große Weinskandal": Rudolf Scharping, Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion von Rheinland-Pfalz (1985-1991)
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Rudolf Scharping, Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion von Rheinland-Pfalz (1985-1991)

Regie

Martin Betz

Buch

Dominic Egizzi