
Menschen & Mächte
Wolfgang Schüssel - Der Kanzler der Wende
„Mein ganzes Leben als Politiker habe ich gesagt: Ich bin weder Optimist noch Pessimist. Ich bin ein Possibilist, ich möchte positive Dinge ermöglichen!“ Wolfgang Schüssel ist so alt wie die Zweite Republik, war als ÖVP-Politiker seit den 1960er Jahren mitverantwortlich für die Entwicklung Österreichs und brach im Jahr 2000 mit langen Traditionen dieser Republik.
Anlässlich des 80. Geburtstags des Altkanzlers am 7. Juni erzählt die „Menschen & Mächte“-Dokumentation „Wolfgang Schüssel – Der Kanzler der Wende“ von Wolfgang Stickler und Christian Reichhold am Montag, dem 9. Juni 2025, um 22.15 Uhr in ORF 2 und auf ORF ON die Biografie eines „Homo Politicus“, dessen Lebenswerk bis heute weiterwirkt.
Wolfgang Schüssels Mutter war hochschwanger, als sie bei einem Bombenangriff im Kohlenkeller verschüttet wurde. Schüssels Mutter überlebt und bringt ihren Sohn Wolfgang kurz nach der Befreiung Österreichs am 7. Juni 1945 in Wien zur Welt. Nina Halder-Schüssel: „Mein Vater kommt nicht aus einem bürgerlichen Haushalt, sondern eigentlich aus sehr einfachen Verhältnissen.“ Schüssels Eltern ließen sich bereits 1948 scheiden, er wuchs bei der Mutter auf. Nach einem Studium der Rechtswissenschaften begann Schüssels politische Laufbahn früh in der Bundes-ÖVP, zuerst als Clubsekretär, dann im Wirtschaftsbund, schließlich als Nationalratsabgeordneter. Heinz Fischer, Bundespräsident von 2004–2016, erlebte die politische Laufbahn Schüssels seit den sechziger Jahren: „Er ist ein schneller Denker, er hat ein rasches Auffassungsvermögen. Er hat einen weiten Horizont der Interessen.“
Wolfgang Schüssel: „Es ist ja immer nur eine bestimmte Zeit, die man eine Funktion hat. Und diese Zeit sollte man auch nützen!“ Schüssel nützt seine Zeit ab 1989 unter Franz Vranitzky als Wirtschaftsminister, dann ab 1995 als Außenminister und Vizekanzler und schließlich ab 2000 als Bundeskanzler in einer für viele überraschenden und heftig umstrittenen Koalitionsregierung mit der FPÖ. Damit wird er zum „Kanzler der Wende“. Peter Pilz: „Ich hatte bei Schüssel immer das Gefühl, dass er auf einem Podest in gleicher Höhe neben Bruno Kreisky stehen will – für die Geschichte.“
Unter dem Motto „Weniger Staat, mehr privat“ setzte die blau-schwarze Regierung unter Wolfgang Schüssel ein umfassendes Reformprogramm um – nach 30 Jahren mit Regierungen unter sozialdemokratischer Führung. Kritisiert wurden dabei vor allem der Verkauf von Staatsbetrieben und Staatsimmobilien und der Ankauf der Euro-Fighter. Die sogenannte „BUWOG-Affäre“ führte 2025 zur Verurteilung von Schüssels Finanzminister Karl-Heinz Grasser.
Nina Halder-Schüssel: „Mein Vater ist ein Mensch, der es einem nicht leicht macht, ihn in eine Schublade zu stecken. Und das ist natürlich für alle nervig, die Menschen so gerne in Schubladen stecken.“ Nach der Wahlniederlage 2006 zog Schüssel sich auf die Funktion eines Nationalratsabgeordneten zurück – bis 2011. Heute lebt Wolfgang Schüssel mit seiner Familie in Wien: „Wir müssen uns in keiner Weise fürchten vor der Zukunft, ganz im Gegenteil. Die jungen Leute, die sind unsere Chance. Also weniger Siebzigjährige und Achtzigjährige und mehr Impulse und Chancen für die Jugend!“