Zwei Männer mit langen gelockten Perücken, sitzen bzw. stehen bei Tisch, im Vordergund eine Pendeluhr
ORF/ZDF/Jan Prillwitz
Der Holländer Christian Huygens (Vladimir Dimitrov, links) beschäftigte sich mit der Mechanik von Uhren und nahm die Idee eines Pendels als Taktgeber von Galileo Galilei auf. Damit präzisierte er den Lauf der Uhren auf 10 Sekunden Fehlzeit am Tag.
Zweiter und letzter Teil:

Universum History

Die Entdeckung der Zeit (2) - Ordnung des Lebens

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Zeit ist heute allgegenwärtig, sie liefert den Rahmen für den Alltag. Seit jeher prägen die natürlichen Rhythmen von Tag und Nacht und der Wechsel der Jahreszeiten das Leben der Menschen.

Moderne Gesellschaften haben den Alltag nach der Uhr organisiert. Doch wie kam es dazu, dass heute jede Minute des Lebens durchgetaktet ist? Der zweite Teil des „Universum History“-Zweiteilers „Die Entdeckung der Zeit“ von Jens Monath und Heike Schmidt (ORF-Bearbeitung: Sabine Aßmann) führt von babylonischen Sternendeutern über die strengen Ordensregeln der Benediktiner zu den taoistischen Klöstern Chinas. Der Film erzählt von Ritualen, die dem Tag Struktur geben, und von Technologien, die Geschwindigkeit bringen. Und doch versuchen die Menschen bis heute immer wieder, der Zeit zu entkommen.

Von Babylon zur Moderne

In Mesopotamien erfinden babylonische Astronomen ein mathematisches System, basierend auf der Zahl 60. Sie legen damit die heute übliche Einteilung von Stunden und Minuten fest. Ihre Aufzeichnungen vom Sternenhimmel sind zugleich Wissenschaft und göttliches Omen. Im alten China entsteht eine gänzlich andere Vorstellung: Taoistische Mönche lehren ihre Schülerinnen und Schüler ein Leben im Einklang mit der Natur und im Verzicht auf jedes überflüssige Begehren. In Europa schreibt Benedikt von Nursia im 6. Jahrhundert den Mönchen seiner Klostergemeinschaft feste Gebetszeiten vor – seine Regeln sind der Beginn einer neuen Ordnung des Lebens. Schließlich entstehen die ersten mechanischen Zeitmesser. Spätestens in der Industriellen Revolution wird die Uhr zum Symbol der Moderne: Arbeitszeiten werden kontrolliert, Fabriken organisiert, menschliches Leben in Takte gezwungen. „Viele Menschen überkam das Gefühl, von den natürlichen Zyklen der Zeit abgetrennt zu werden“, erklärt der Journalist David Rooney, der ein Buch über das spannungsreiche Verhältnis zwischen Mensch und Uhr geschrieben hat.

Mönch betet im Kerzenschein
ORF/ZDF/Jan Prillwitz
Im Jahr 529 nach Christus gründete der Mönch Benedikt von Nursia (Svetoslav Dobrev) die Abtei Montecassino bei Neapel. Dort führte er die nach ihm benannte regula benedicti ein, die den Tag in feste Gebetszeiten einteilt.

Der Mensch als „zeitliches Wesen“

Neben historischen Einblicken zeigt die Dokumentation aber auch Perspektiven aus anderen Disziplinen auf, wenn es um den Menschen als „zeitliches Wesen“ geht, das an Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gebunden ist. Angesichts der digitalen Beschleunigungen unserer Gegenwart konstatiert etwa der Soziologe Hartmut Rosa, dass die „großen Versprechen der Technologien“, die Menschen würden ein besseres Leben haben, nicht eingehalten wurden. „Wir sind immer schneller geworden, wir haben immer mehr Zeit eingespart und scheinen immer weniger zu haben“, so Rosa. Und der amerikanische Psychologe Marc Schulz erläutert die Ergebnisse einer Langzeitstudie der Harvard University zum Thema, was Menschen wirklich glücklich macht.

Wissenschaftlerin erklärt, vor ihr Scharz-Weiß-Bilder, hinter ihr Computerbildschirm
ORF/ZDF/Jan Prillwitz
Die Neurowissenschaftlerin Olga Klimecki erforscht das Phänomen der „Mentalen Zeitreise“.

„Ordnung des Lebens“ schlägt den Bogen von frühen Himmelsbeobachtungen über klösterliche Rituale bis zur Hektik und Getriebenheit der modernen Gesellschaften. Aufwendige historische Rekonstruktionen und die Expertise von Fachleuten aus den unterschiedlichen wissenschaftlichen Forschungsrichtungen erklären die Bandbreite menschlicher Zeiterfahrungen. Auch die ganz große Frage wird in der Dokumentation nicht ausgespart: Was ist angesichts der Endlichkeit des Lebens wirklich wichtig?

Regie

Jens Monath