Universum History

Venus von Willendorf - Die nackte Wahrheit

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Die Venus von Willendorf zählt zu den wohl bekanntesten archäologischen Funden Österreichs - doch sie war keineswegs nur Fruchtbarkeitssymbol.

Mit ihren knapp elf Zentimetern Größe und fast 30.000 Jahren am Buckel ist die Venus von Willendorf ein gefeierter Star – erst recht, seit sie wegen ihrer Nacktheit von Facebook verbannt wurde. Aufbewahrt und beforscht im Naturhistorischen Museum in Wien gehört sie zu den ältesten bekannten Kunstwerken der Menschheit und überrascht die Wissenschaft bis heute mit neuen Erkenntnissen. Und vor allem ist sie nicht allein: 130 Frauenstatuetten wurden bisher zwischen Frankreich und Russland gefunden. Was erzählen uns die über Jahrtausende erhaltenen Steinfigurinen über das Leben der prähistorischen Menschen? Was sagen ihre üppig geformten Körper, ihr Kopfschmuck und ihre Nacktheit über die Rolle der Frauen in den steinzeitlichen Gesellschaften aus? Die „Universum History“-Dokumentation „Venus von Willendorf – Die nackte Wahrheit“ lädt zu einer packenden Reise ins Paläolithikum und in die Welt der Forschung ein, die versucht, Stück für Stück das Geheimnis der Venus von Willendorf zu lüften. Regie führte Klaus T. Steindl, das Drehbuch stammt von Klaus T. Steindl und Heinrich Mayer-Moroni. Der Film entstand in enger Kooperation mit dem Naturhistorischen Museum. So wurde in Zusammenhang mit den Filmarbeiten ein 3D-Modell der Venus generiert, das nun online verfügbar ist.

Venus von Willendorf vor schwarzem Hintergrund zwei in Plastikhandschuhen gehüllte Hände um sie
ORF/epo film
Die Venus von Willendorf– Schutzfigur oder Fruchtbarkeitssymbol?

Von Norditalien in die Wachau

Gefunden wurde die Venus in Willendorf in der Wachau. Die Frage nach der Herkunft des Gesteins, aus dem die Venus von Willendorf geformt ist, wurde allerdings erst in einer aktuellen Studie der Universität Wien und des Naturhistorischen Museums geklärt. Auch wenn es nicht ganz sicher ist: der Oolith stammt laut Analysen wahrscheinlich aus Norditalien. Auch die Ukraine kommt theoretisch in Frage. Die steinzeitlichen Gesellschaften waren also reisefreudig und pflegten Kontakte über Tausende Kilometer. Auch die Deutung der berühmten Venus von Willendorf als steinzeitliches Fruchtbarkeitssymbol ist überholt – darin ist sich die Wissenschaft einig. Fruchtbarkeit hatte bei nomadischen Gesellschaften keinen hohen Stellenwert – es galt, mobil und flexibel zu bleiben. Doch welche Interpretation der Venus und ihrer Schwestern erlaubt der momentane Forschungsstand?

Alte Rollenbilder neu gedacht

Für die Wissenschaft ist die rätselhafte, aus Kalkstein geformte Frauenfigur ein Schlüssel zur Neuinterpretation der sozialen Organisation im Paläolithikum. Neue Untersuchungsmethoden erlauben es, genauer hinzusehen und so der Lebensrealität von damals ein Stück näher zu kommen. Viele geschlechterspezifische Rollenzuschreibungen der Gegenwart werden mit angeblichem Verhalten aus der Steinzeit begründet – allem voran die Vorstellung, der natürliche Platz der Frau sei zuhause bei den Kindern, während sich der Mann draußen dem Kampf mit dem Großwild zu stellen hat. Doch Untersuchungen von Muskelmarkern an erhaltenen Oberarmknochen ergaben, dass junge Frauen ebenso mit Speeren hantierten wie Männer – sprich, auf die Jagd gingen.

Eine im gesicht bemalte Gruppe beim Jagen mit dem Speer angeführt von einer Frau
ORF/epo film
Im Bild: Jama mit ihrer Gruppe beim Jagen.

Heikle Dreharbeiten

In eindrucksvollen Spielszenen – gedreht am Schießplatz Felixdorf des Österreichischen Bundesheers – wird die Geschichte der jungen Nomadin Jama erzählt, die sich als versierte Jägerin beweisen muss. Im heutigen Willendorf in der Wachau kommt es zur spektakulären Jagd auf eine Rentierherde. In ihrer Jackentasche trägt Jama eine kleine, elf Zentimeter große Frauenstatuette aus Kalkstein – sie dient ihr als Talisman und begleitet sie auf ihrem Weg ins Leben als erwachsene junge Frau. Filmemacher Klaus T. Steindl zeichnet die Steinzeitgesellschaften mit Akribie und Liebe zum Detail nach. In seinem Film begleitet er führende Wissenschafterinnen und Wissenschafter aus unterschiedlichen Disziplinen auf ihrer Suche nach der Wahrheit. Darunter auch die „Hüterin“ der Venus von Willendorf im Naturhistorischen Museum Wien, Walpurga Antl-Weiser, die ein heikles, aber spektakuläres Unterfangen erlaubt: die Entnahme der Venus aus ihrer Vitrine, um sie einem dreidimensionalen Scan zu unterziehen. Eine eindrucksvolle Reise in die Vergangenheit, die neue Erkenntnisse und Sichtweisen auf das Zusammenleben auch in der Gegenwart ermöglicht.

mehrere personen stehen um die Venus von Willendorf, Wissenschaftler macht 3D-Scan
ORF/epo film
Im Bild: Die "Venus von Willendorf" beim 3D Scan.

Gestaltung

Klaus T. Steindl

Heinrich Mayer-Moroni