zeit.geschichte

Wahre Verbrechen - Jäger und Gejagte: Der Tod von Pius Walder

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Es ist der 8. September 1982 im Villgratental in Osttirol. In der abendlichen Dämmerung fallen in der "Hölleiten" Schüsse. Sie gelten einem jungen Mann mit geschwärztem Gesicht: Pius Walder, ein Holzfäller, erschossen im Wald, auf der Flucht vor zwei Jägern. Noch in derselben Nacht erliegt er im Spital seinen Verletzungen. Am Tag darauf legen die beiden Schützen bei der Lienzer Kriminalpolizei ein Geständnis ab. Der Tod von Pius Walder wird zum Politikum, das das Tal noch Jahrzehnte später in Atem hält.

Pius Walder ist in Kalkstein kein Unbekannter. Sein Bruder Hermann und er gelten als erfolgreich, sind beliebt. Zugleich wird ihnen wiederholt das Wildern nachgesagt. Vor allem in Jagdkreisen sorgt das für Missfallen. Der Hilfsjäger Johann Schett, dessen Schuss Pius Walder in den Hinterkopf trifft, sagt später vor Gericht aus, er habe in jener Nacht nicht in Tötungsabsicht gehandelt. Das Innsbrucker Schwurgericht wird ihm Glauben schenken. Das milde Urteil wird von den Hinterbliebenen und Freunden der Familie vehement bekämpft. Vor allem Bruder Hermanns Stimme bleibt über Jahrzehnte laut. Zwei Jahre nach dem Tod seines Bruders legt sich Hermann Walder in der ORF-Sendung Club2 vor laufender Kamera mit Gästen und Moderator an. Sein Kampf gegen die Jagd, die Justiz und die Medien hält bis in die 2000er Jahre an. Für viele wird Hermann Walder zum Symbol eines Rebellen gegen die Obrigkeit und machen das "Wildererdrama" über die Grenzen Osttirols bekannt.

Was ist in jener Nacht 1982 zwischen den drei Männern geschehen? Die Neuproduktion der Sendereihe "Wahre Verbrechen" geht den Ereignissen und Folgen jener Nacht auf den Grund. In Gesprächen mit Zeitzeugen, Verwandten und Expert:innen - darunter der Lienzer Historiker Martin Kofler, die Wildbiologin Karoline Schmidt und der Soziologe Roland Girtler - offenbart sich das Bild einer Gemeinde, in der tief verwurzelte Konflikte ein tödliches Ende finden. Mittels Archivmaterial und Neuaufnahmen des Villgratentals bewegt sich die Dokumentation zwischen Vergangenheit und Gegenwart und stellt sich der Frage nach Grenzen zwischen Recht und Unrecht, zwischen Rachelust und Vergebung und der Rolle der Jagd in Österreich.

Regie

Liza Enzinger