Ikonen in Rot-Weiß-Rot
Gerhard Bronner
Im Alter von sieben Jahren stand sein Berufswunsch fest, mit 15 floh er unter Lebensgefahr vor den Nazis nach Palästina. Mit 26 Jahren machte er auf einer Reise nach London Zwischenstopp in seiner Geburtsstadt Wien – und blieb. Am 23. Oktober wäre er 100 Jahre alt geworden: Gerhard Bronner.
Wie kaum ein Zweiter prägte er das österreichische Kabarett nach 1945. „Der g´schupfte Ferdl“, "Der Wilde mit seiner Maschin`" oder „Der Papa wird´s schon richten“ sind längst in den österreichischen Kulturkanon eingegangen. Von den vielen Talenten des Gerhard Bronner als Komponist, Conférencier, Schriftsteller und TV-Pionier erzählt Christian Hager in seiner Doku. Zu Wort kommen seine Kinder Oscar Bronner und Vivien Bronner, sowie Freund*innen und Weggefährt*innen wie Marianne Mendt, Erwin Steinhauer und Rudolf Buchbinder.
Seine Lieder für das Kabarett schrieb Gerhard Bronner oft aus einem politisch aktuellen Anlass – und doch sind sie zeitlos geblieben: ebenso komische wie präzise Sittenbilder österreichischer Abgründe und vordergründiger Gemütlichkeit - das macht sie so genial. Sein Vorbild fand er schon als Kind. Er sah einen Auftrritt von Hermann Leopoldi und wusste : Das will ich auch. Seine Pläne wurden vom Terrorregime der Nazis durchkreuzt. Die jüdische Familie Bronner befand sich in höchster Gefahr, vor der sein Vater die Augen verschloss. Er wurde im KZ ermordet. Gerhard Bronner aber gelang mit knapper Not die Flucht nach Palästina.
Die Beziehung zu seiner Heimatstadt Wien blieb zeitlebens ambivalent, 1948 kehrte er dennoch zurück. Die von ihm zunächste betriebene, später gekaufte Marietta-Bar in der Innenstadt wurde mit Programmen wie „Brett´l vorm Kopf“ zur Pilgerstätte und zum Karrieresprungbrett heutiger Legenden wie Helmut Qualtinger und Louise Martini.
Das damals junge Medium Fernsehen eröffnete Bronner ganz neue Möglichkeiten – etwa in die österreichische Geschichte einzugreifen: Gemeinsam mit Sohn Oscar schrieb er 1965 einen TV-Sketch, der auf den Gesprächsprotokollen des Taras Borodajkewycz basierte. Dieser war Professor an der Hochschule für Welthandel und auch 20 Jahre nach Kriegsende ein glühender Nazi, stolz auf seine NSDAP-Mitgliedschaft. Der Sketch löste Proteste aus, Jahre später wurde Borodajkewycz zwangspensioniert.
Auch im Radio mischte Gerhard Bronner auf und rührte an : den Teig zur sonntäglichen satirischen Reihe « Gugelhupf », die zu einem Dauerbrenner wurde. Zu seinem kreativen Partner Peter Wehle verband ihn eine lebenslange Freundschaft, nicht weniger leidenschaftlich pflegte er seine Feindschaften, etwa jene mit Georg Kreisler.
Spät in seinem Leben ging Bronner nochmals ins Exil, wenn auch unter weit weniger tragischen Umständen. Einer hohen Finanzstrafe entzog er sich, indem er sich auf seine Ferienresidenz in Florida zurückzog. Eine Spendenaktion von Freunden ermöglichte ihm die Rückkehr, bis kurz vor seinem Tod war Bronner aktiv.
Regisseur Christian Hager hat für seinen Film viele Archiv-Schätze gehoben. Gemeinsam mit den Interviews mit Bronner-Kenner*innen
ergeben sie ein plastisches Bild der vielen Facetten eines Giganten der Kleinkunst.