
Unser Österreich
Oberösterreich - Geteilt, geeint, gewachsen
Die Geschichte Oberösterreichs seit dem Beginn der Zweiten Republik vor 80 Jahren ist außergewöhnlich. Kein anderes Bundesland blieb nach dem Krieg zehn Jahre lang geteilt: In eine sowjetische Zone nördlich der Donau im Mühlviertel und in eine amerikanische Zone im Süden. 1945 ist Oberösterreich ein Land der Heimatlosen, in dem zerstörte Städte auf den Wiederaufbau warten und Abertausende Flüchtlinge ein neues Zuhause suchen. Als die Besatzungszeit dann 1955 vorbei ist, beginnt sich Oberösterreich vom Agrar- und Industrie-Bundesland zu einem Technologie- und Kulturstandort zu wandeln. Die dazwischen liegenden Jahre erzählen vom Aufstieg und Niedergang der Verstaatlichten Industrie, von menschlichen Triumphen und Tragödien – und von der beklemmenden Nähe zum „Eisernen Vorhang“ mit Stacheldraht und Elektrozäunen mitten durch den Böhmerwald – eine filmische Zeitreise von ORF-Oberösterreich-Redakteur Gernot Ecker:
Oberösterreich ab 1945: Rudolf Pammer aus Bad Leonfelden wächst im russisch besetzten Mühlviertel auf. Seine Kindheit unterscheidet sich völlig von der Theresia Mairbäurls aus Pasching, die als Kind von amerikanischen Soldaten im Jeep durch Linz kutschiert wird. Während Rudolf Pammer im strukturschwachen Mühlviertel dicht am „Eisernen Vorhang“ zur kommunistischen Tschechoslowakei groß wird, verbringt Theresia Mairbäurl ihre Jugend am Rande der wirtschaftlich aufstrebenden Landeshauptstadt. Eines aber verbindet beide: Sie sind genau so alt wie die Zweite Republik. Geboren 1945 deckt sich ihre Lebensgeschichte mit der Entwicklung ihres Heimat-Bundeslandes und der Geschichte der Zweiten Republik.
Die 1940er und die 1950er Jahre sind von Besatzungszeit und Wiederaufbau gekennzeichnet, einer aufstrebenden Industrie in Linz und Steyr, aber auch von den Hochwasser-Katastrophen der Jahre 1954 und 1959.
Die 1960er Jahre ermöglichen vielen Familien Wohlstand und sozialen Aufstieg. Die Zeitzeugen erzählen u. a. von den ersten Schwarz-Weiß-Fernsehgeräten, die in vielen Gasthäusern die Menschen in den Bann ziehen. Es sind aber auch Jahre, in denen die Weltpolitik ihre Schatten auf Oberösterreich wirft: Nach dem „Prager Frühling“ und der Hoffnung auf eine Normalisierung der Beziehungen zum Nachbarland Tschechoslowakei stehen im Sommer 1968 plötzlich Truppen des Warschauer Pakts an der Grenze zu Oberösterreich.
Während die 1970er von gesellschaftlichen Umbrüchen, von der Forderung nach Gleichberechtigung und neuen Kultur- und Bildungseinrichtungen geprägt sind, bringen die 1980er Jahre den Niedergang der Verstaatlichten Industrie. Tausende Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher verlieren in dieser Zeit ihren Arbeitsplatz. Die Auswirkungen der Luftverschmutzung im Linzer Zentralraum sind längst dramatisch: Die Begriffe „Waldsterben“, „saurer Regen“ und „Smog“ werden zu alltäglichen Schlagwörtern.
Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs 1989 leben in den frühen 1990er Jahren die nördlichen Grenzgebiete Oberösterreichs auf. Die Nachbarschaft mit Tschechien bringt wichtige Impulse, bevor der EU-Beitritt Oberösterreich völlig neue Entwicklungschancen in ganz Europa eröffnet hat.
Diesen und anderen historischen Meilensteinen in der Geschichte Oberösterreichs seit 1945 ist die Dokumentation auf der Spur – mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, renommierten Expertinnen und Experten sowie seltenen Filmdokumenten aus dem ORF-Archiv.
Gestaltung
Gernot Ecker
Kamera
Claus Muhr
Cutter
Markus Tremel