'Zum Weltfrauentag am 8.3.24'

Universum History

Ein Leben in Schutt und Asche - Trümmerfrau in Dresden

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Der Mythos Trümmerfrauen: Keineswegs freiwillig, sondern zwangsverpflichtet oder aus purer Not verrichten sie Tag für Tag körperliche Schwerstarbeit.

Dresden 1946: Die Stadt wurde im Zweiten Weltkrieg zerbombt und das bedeutet vor allem eines: Es herrscht Wohnungsnot und Dresden muss wieder aufgebaut werden. Die Spieldoku „Ein Leben in Schutt und Asche – Trümmerfrau in Dresden“ von Dorothea Nölle und Carsten Gutschmidt (ORF-Bearbeitung Andrea Lehner), die „Universum History“ am Freitag, dem 1. März, um 22.35 Uhr in ORF 2 zeigt, gibt Einblicke in den Alltag einer Trümmerfrau, der wenig mit den glorifizierenden Klischees vom Wiederaufbau gemein hat.

Frau blickt aus einem zerstörten Hauseingang auf ein Trümmerfeld
ORF/ZDF/Raimonds Birkenfelds
Dresden 1946: Das einst prachtvolle „Elbflorenz“ ist eine Trümmerwüste. Durch den verheerenden Bombenangriff in der Nacht auf den 14. Februar 1945 sind 30 Prozent des Wohnraums völlig zerstört.

Es ist ein Mythos, der sich bis heute hält: Vor allem Frauen hätten nach Kriegsende freiwillig mitangepackt, um die Kriegsschäden zu beseitigen. Tatsächlich waren es hauptsächlich Männer und die Arbeit wurde keineswegs freiwillig erledigt: Herangezogen wurden vor allem ehemalige NSDAP-Mitglieder und deutsche Kriegsgefangene, in der sowjetischen Besatzungszone auch Arbeitslose. Die rund 500 Frauen, die sich in Dresden darunter befanden, wurden bewusst in Szene gesetzt, um dem negativen Image der Trümmerarbeit etwas entgegenzusetzen: Die hart anpackende Frau im typischen Männerberuf passte gut in das sozialistische Weltbild im Osten. Der Mythos Trümmerfrau war geboren.

Ein ungeschönter Blick auf die glorifizierten Trümmerfrauen

Zwangsverpflichtet oder aus purer Not verrichteten sie Tag für Tag körperliche Schwerstarbeit, um sich selbst und die Familie zumindest halbwegs über die Runden zu bringen. Kaum jemand meldete sich freiwillig zu den sogenannten Eimerketten zum Abtragen der Schuttberge inmitten einstürzender Häuserteile und unentdeckter Blindgänger. Die Spieldoku zeigt das Schicksal einer Frau stellvertretend für die Trümmerfrauen: Elli ist aus Schlesien geflüchtet und vollkommen mittellos in Dresden gelandet. Ihr Mann ist im Krieg gefallen, die Eltern haben die Strapazen der Flucht nicht überlebt, ihre Schwester hat sie dabei verloren. Verzweifelt versucht Elli ihren beiden Kindern und sich selbst ein Überleben zu ermöglichen. Untergebracht sind sie bei Familie Winkler, einem Pensionistenpaar, das selbst an der Armutsgrenze lebt. Das Verhältnis ist schwierig, die Dresdner wollen die Flüchtlinge aus Polen nicht, sind aber auf deren Einkünfte angewiesen. Einen Teil der Lebensmittelmarken, die Elli als Trümmerfrau verdient, muss sie als Miete abgeben. Verschärft wird die Lage durch die Angst der Bevölkerung vor den russischen Besatzern. Inmitten dieses fast aussichtslosen Elends versucht Elli, die Hoffnung auf ein besseres Leben für sich und ihre Kinder nicht aufzugeben.

Bild von
Drei Frauen befördern einen Container voller Schutt
ORF/ZDF/Gatis Indrevics
Die „Trümmerfrauen“ müssen Tonnen von Schutt in Loren laden. Sogenannte Trümmerbahnen bringen ihn auf die riesigen Halden am Stadtrand.
Elli Göbel (Henrike von Kuik) blickt in die Kamera
ORF/ZDF/Gatis Indrevics
In Breslau war Elli Göbel (Henrike von Kuik) Geigenlehrerin. Seit ihrer Flucht nach Dresden arbeitet sie als Trümmerfrau. Den Job hat ihr das Arbeitsamt zugewiesen.
Ein älteres Ehepaar und Mutter mit zwei Kindern in einer Küchenstube
ORF/ZDF/Gatis Indrevics
Flüchtlinge wurden häufig bei Familien vor Ort untergebracht. In den Zwangs-Wohngemeinschaften gab es wenig Platz und häufig noch weniger zu essen.
Elli Goebel (Henrike von Kuik,l.) auf der Suche nach ihrer Schwester in einer Suchstelle, im Hintergrund hängen Vermisstenzettel
ORF/ZDF/Gatis Indrevics
Elli Goebel (Henrike von Kuik,l.) auf der Suche nach ihrer Schwester. Erst mit der Einrichtung des zentralen „Suchdienstes für Vermisste Deutsche in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands“ werden systematische Suchaktionen möglich.
Historikerin untersucht den Deckel von einem Einmachglas, dieser ist Teil einer ausrangierten Gasmaske.
ORF/ZDF/Arsenij Gusev
Der Deckel von einem Einmachglas ist Teil einer ausrangierten Gasmaske. Hergestellt von einer ehemaligen Rüstungsfirma. Die Historikerin, Prof. Marita Krauss, untersucht „Notprodukte“ der Nachkriegszeit.
Historikerin sitzt in einem Lesezahl, zahlreiche leuchtende Schreibtischlampen im Hintergrund
ORF/ZDF/Arsenij Gusev
Die Historikerin Dr. Leonie Treber im Dresdner Stadtarchiv: Trümmerräumung war zwangsverordnet, körperlich schwere Arbeit und lebensgefährlich.

In „Ein Leben in Schutt und Asche – Trümmerfrau in Dresden“ dokumentiert „Universum History“ eindrücklich die Entbehrungen, die das Leben der glorifizierten Trümmerfrauen nach dem Zweiten Weltkrieg prägten, und ordnet die Nachkriegsnarrative historisch-wissenschaftlich ein.

Regie

Carsten Gutschmidt

Buch

Dorothea Nölle

Bearbeitung

Andrea Lehner