Universum History

Königin der Leichen - Die Anatomin Anna Morandi

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Bologna, 18. Jahrhundert: Die Anatomin Anna Morandi-Manzolini leistet mit kunstvoll gefertigten Wachsmodellen Pionierarbeit für die Ausbildung von Ärzten.

Nach der Wiederentdeckung ihres kulturellen und medizinischen Erbes wird es jetzt wissenschaftlich aufgearbeitet. In dem bewegenden Dokudrama „Königin der Leichen – Die Anatomin Anna Morandi“ von Iris Fegerl befasst sich „Universum History“ am Freitag, dem 22. September, um 22.35 Uhr in ORF 2 mit Werk und Lebensgeschichte dieses Ausnahmetalents.

ORF/Filmakademie Baden-Württemberg
Die Universum-History-Spieldoku „Königin der Leichen: Die Anatomin Anna Morandi“ erzählt vom außergewöhnlichen Leben der Anatomin Anna Morandi.

Vom unbekannten Wachsmodell zur gefeierten Anatomin

Im Museum Palazzo Poggi in Bologna thront inmitten von anatomischen Wachsmodellen das Porträt einer Frau namens Anna Morandi-Manzolini aus dem 18. Jahrhundert. Sie zeigt sich gekleidet wie eine Königin, mit skalpiertem Schädel im Schoß. Lange Zeit galt es als unklar, welche Rolle sie für die anatomische Sammlung gespielt hatte. Mit der Zufallsentdeckung von Morandis Schriftwerk in der Universitätsbibliothek von Bologna enthüllte die US-amerikanische Wissenschafterin Rebecca Messbarger nun Verblüffendes: Morandi war eine gefeierte Anatomin im Italien der Aufklärung. Als eine der wenigen Frauen ihrer Zeit verfolgte sie eine wissenschaftliche Karriere. Aus ärmlichen Verhältnissen stammend widmete sie ihr Leben und ihre Leidenschaft dem Sezieren menschlicher Körper und dem kunstvollen Modellieren anatomischer Wachsmodelle. Zu Morandis Bewunderern zählten unter anderem Katharina die Große und der Papst. Auch Joseph II. ließ sich bei ihr für seine eigene anatomische Modellsammlung im Wiener Josephinum inspirieren.

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Historikerinnen haben das Werk und die Lebensgeschichte von Anna Morandi wiederentdeckt.

Wachs als Revolution in der Nachbildung des menschlichen Körpers

Morandi erleichterte mit ihren modern gestalteten Wachsmodellen den Unterricht der Anatomie. Zuvor konnten Medizinstudenten das Innere des menschlichen Körpers nur durch Sezieren von Leichen studieren. Doch deren Beschaffung war im 18. Jahrhundert keineswegs einfach. Morandis detailgetreue Nachbildungen anatomischer Strukturen in Wachs galten daher als revolutionäres Unterrichtswerkzeug. Dass Anna Morandi als Frau überhaupt eine wissenschaftliche Karriere verfolgen konnte, verdankte sie dem verhältnismäßig liberalen Geist ihrer Zeit. Beflügelt durch die Ideen der Aufklärung wurden einzelne, besonders begabte Frauen an italienischen Universitäten geduldet. Dennoch war die Gesellschaft weit entfernt von einer gleichberechtigten Behandlung der Wissenschafterinnen. Auch sah sich die Anatomin immer wieder mit wüsten Thesen männlicher Kollegen konfrontiert, die in anatomischen Strukturen Beweise für eine geistige Beschränktheit der Frau zu erkennen glaubten.

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Lange gab diese Wachsfigur der Wissenschaft Rätsel auf. Heute ist klar, es handelt sich um ein Selbstporträt der Anatomin Anna Morandi.

Vergessene Medizingeschichte

Die „Universum History“-Doku „Königin der Leichen: Die Anatomin Anna Morandi“ der österreichischen Regisseurin Iris Fegerl beleuchtet die wissenschaftlichen Errungenschaften von Morandi sowie ihre Karriere im Spannungsfeld zwischen Ruhm und bitterem Überlebenskampf. Es ist ein Dokudrama über ein Stück vergessene Medizingeschichte und über eine Zeit des radikalen Umbruchs. Pionierin Anna Morandi-Manzolini hat eine revolutionär neue Perspektive für das Medizinstudium geschaffen und dazu beigetragen, dass sich das Rollenbild der Frau für immer verändern sollte.

Regie

Iris Fegerl

Bearbeitung

Katharina Gruber