ORF/Interspot Film/Martin Maguire
Kamil Krawczak und seine Wikinger.

Universum History

In den Fängen der Wikinger - Menschenraub und Sklaverei

Werbung Werbung schließen

Die Wikinger gelten als die großen Wilden des Mittelalters. Sie brechen mit ihren Schiffen von Skandinavien aus zu ihren europaweiten Raubzügen auf.

Brandschatzend und plündernd machen sie Jagd auf Land, Kulturschätze und Menschen. Fast 300 Jahre lang. Ausgehend von der wahren Geschichte des Iren Findan und seiner Schwester Melkorka erzählt die „Universum History“-Dokumentation „In den Fängen der Wikinger – Menschenraub und Sklaverei“ nicht nur die Geschichte der Wikinger, sondern auch die ihrer Opfer – der Sklaven. Originalhandschriften aus dem 9. Jahrhundert, die wissenschaftliche Spurensuche an Originalschauplätzen und der Einsatz modernster archäologischer Messtechniken des Ludwig Boltzmann Instituts in Wien erlauben einen wahrheitsgetreuen und historisch fundierten Brückenschlag über mehr als ein Jahrtausend hinweg. Ein spektakulärer, neuer Blick auf die Wikinger-Kultur, auf ihre Sitten, ihre Raubzüge und die Sklaven.

ORF/Interspot Film/Martin Maguire
Piotr Markiewicz (Anführer), Cat Williams (Melkorka), Eric Nolan (Kumpel des Anführers).

Rekonstruktion zweier Lebensgeschichten 

Irland, zu Beginn des 9. Jahrhunderts: Der junge Adelige Findan und seine Schwester Melkorka werden Opfer eines Wikingerüberfalls. Die Angreifer wollen vor allem eines: Menschen rauben. Die skandinavischen Krieger haben früh erkannt, dass mit Lösegelderpressung und Sklavenhandel mehr Profit zu machen ist als mit dem Raub von Vieh und Kirchenschätzen. In aufwendigen Spielszenen wird die abenteuerliche Lebensgeschichte der Geschwister rekonstruiert: Sie werden getrennt und quer durch Europa verschleppt. Sie erleben Sklavenarbeit, Misshandlung und sexuellen Missbrauch. Nach Jahren der Gefangenschaft gelingt Findan die Flucht. Er lässt sich als Mönch im schweizerischen Kloster Rheinau freiwillig einschließen und wird später als katholischer Heiliger verehrt. Deswegen wurde seine Lebensgeschichte kurz nach seinem Tod aufgezeichnet. Die „Vita Findani“ stellt das einzige Dokument eines Wikingersklaven dar, das auch von Historikerinnen und Historikern als authentisch bewertet wird.

„Mich interessieren besonders die Underdogs und Nebenfiguren der Geschichte, wie etwa die Sklaven der Wikinger. Umso faszinierender war es für mich, in Findans Lebensgeschichte zu blättern, die man heute noch auf tausend Jahre altem Pergament nachlesen kann“, beschreibt Regisseur Stefan Ludwig seine Regiearbeit, die er auf Basis des Drehbuchautors Gernot Lercher umgesetzt hat.

ORF/Interspot Film/Martin Maguire
Cat Williams (Melkorka).

Der Text erwähnt auch die Versklavung von Findans Schwester, liefert aber keine Details. Um ihr mögliches Leben zu rekonstruieren, orientiert sich der Film an der isländischen Laxdaela-Saga. In dieser wird die junge Frau Melkorka auf einem Sklavenmarkt im Ostseeraum von einem isländischen Siedler gekauft, der sie zwingt, seine Konkubine zu werden, und weiter nach Island verschleppt. Die Saga hat einen historischen Kern: chemische und genetische Analysen von Skeletten haben ergeben, dass die heutige isländische Bevölkerung nordische und keltische Vorfahren hat. Ein Grund für diese Vermischung – wenn auch nicht der einzige – war die Verschleppung von Menschen von den Britischen Inseln durch Wikinger.

ORF/Interspot Film/Martin Maguire
Anna Rutkowska, Michael Gleeson, Michael Hayden, Rickie O´Neill

Sklaventum in der Wikinger-Gesellschaft

Moderne Prospektion und virtuelle Archäologie brachten in den vergangenen Jahren neue, spektakuläre Erkenntnisse über dieses wenig bekannte Kapitel der nordischen Seefahrer. Der österreichisch-schweizerische Georadar-Spezialist Wolfgang Neubauer vom Ludwig Boltzmann Institut in Wien geht davon aus, dass die Wikinger-Gesellschaft zu einem Viertel aus Sklaven bestanden haben muss. Nur so ist die Errichtung und Erhaltung gewaltiger Schiffsgräber und Kulthallen erklärbar, wie sie kürzlich am Oslofjord in Norwegen entdeckt wurden. Doch die Routen des Menschenhandels reichten noch weiter: Die Wikinger verkauften Sklaven bis nach Byzanz und weiter in die arabische Welt. Ein Hinweis darauf sind die arabischen Dirham-Silbermünzen, die überall in Europa gefunden wurden.

ORF/Interspot Film/Martin Maguire
Kamil Krawczak und seine Wikinger.

Dreharbeiten an historischen Originalschauplätzen

Führende europäische Fachleute wie die Britin Judith Jesch, die Schwedin Torun Zachrisson, der Österreicher Rudolf Simek und der Ire Colmán Etchingham geben Auskunft über den Sklavenhandel als ein Phänomen, das ganz Europa umspannte und die Entwicklung des Kontinents prägte. Die Spielszenen wurden von einem internationalen Team in den See- und Küstenlandschaften Irlands gedreht – nahe den historischen Originalschauplätzen der ersten Wikingerüberfälle. „Findan und Melkorka sind starke Charaktere, die auch in einer ausweglosen Situation einen Rest an Widerstandsgeist behalten haben. Den Film in Irland mit seinem unglaublich weiten Himmel und seinen spektakulären Lichtstimmungen zu drehen, mit einem großen internationalen Team, war für mich eine prägende und spannende Erfahrung“, resümiert Regisseur Stefan Ludwig die Dreharbeiten.

 „In den Fängen der Wikinger – Menschenraub und Sklaverei“ ist eine Koproduktion von Interspot Film, Abu Media, ORF, ZDF, ARTE, CT, und TG4 – gefördert vom Fernsehfonds Austria und creative europe MEDIA, produziert mit Fördermaßnahmen der irischen Regierung für die irische Filmindustrie.

 

Regie

Stefan Ludwig