Universum History

Atatürk - Vater der modernen Türkei

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Mustafa Kemal Atatürk – mit dem Ende des Ersten Weltkriegs beginnt der populäre Offizier und Kriegsheld ein radikales Reformprojekt.

Er will nichts weniger als seine Heimat, das rückständige Osmanische Reich, ein jahrhundertelang islamisch geprägtes Sultanat, in eine weltlich ausgerichtete Republik nach westlichem Muster verwandeln – die moderne Türkei. In nur zwei Jahrzehnten setzt er als Gründer und erster Präsident der türkischen Republik ein ambitioniertes Programm um – und schont dabei weder sich noch sein Volk, dem vieles zu schnell geht. Anlässlich der Präsidentschaftswahl in der Türkei am 14. Mai zeigt „Universum History“ am Mittwoch, 10. Mai 2023, um 23:05 Uhr in ORF 2 mit dem Dokudrama „Atatürk – Vater der modernen Türkei“ von Monika Czernin (Buch und Regie) und Oliver Halmburger (szenische Regie) ein vielschichtiges und widersprüchliches Bild des „Vaters der modernen Türkei“.

Atatürk (Tim Seyfi) im Schützengraben.
ORF/Loopfilm/Oliver Halmburger
Atatürk (Tim Seyfi) im Schützengraben.

Kriegsheld und Visionär

1918. Das Ende des Ersten Weltkriegs ist auch für das damalige Osmanische Reich ein dramatischer Wendepunkt. Das Sultanat war ein Verbündeter der österreichischen Donaumonarchie und des Deutschen Kaiserreichs – und zählt nun zu den Kriegsverlierern. Das Reich der Osmanen, jahrhundertelang Machtfaktor in der islamischen Welt, steht vor dem Zusammenbruch. Das ist die Stunde von Mustafa Kemal – einem Elite-Soldaten aus den Reihen der sogenannten Jungtürken, einer Allianz europäisch orientierter Offiziere. Er hat sich als Held der Schlacht von Gallipoli – ein strategischer Vorposten Istanbuls – einen Namen gemacht. Als charismatischer Militärführer kann er nach dem verlorenen Krieg große Teile der Bevölkerung hinter sich vereinen und eine Republik ausrufen. Sein Ziel: die Türkei als Nation. Nach der Staatsgründung 1923 bleiben dem Visionär, der einer der prägendsten Politiker des 20. Jahrhunderts wird, nur 15 Jahre, um sein rückständiges Land in die Moderne zu führen.Als erstes trennt der erste Präsident der Türkei Religion und Staat, dann schafft er die Polygamie ab, führt das Schweizer Zivilrecht ein und reformiert Sprache und Schrift.

Atatürk (Tim Seyfi) und Latife am Balkon (Zeynep Bozbay) in Smyrna.
ORF/Loopfilm/Oliver Halmburger
Atatürk (Tim Seyfi) und Latife am Balkon (Zeynep Bozbay) in Smyrna.

Latife Hanım und Atatürks Kulturrevolution

Er heiratet mit Latife Hanım eine westlich gebildete, emanzipierte Frau, die – trotz ihrer nur kurzen Zeit an seiner Seite – zum Inbegriff seiner Kulturrevolution wird. Gerade seine Haltung gegenüber Frauen ist bemerkenswert, wie die Autorin İpek Çalışlar für diesen Film klarlegt. Filmautorin Monika Czernin: „Atatürks Revolution fußte zutiefst im europäischen Denken, in der französischen Aufklärung, dem Säkularisierungsprozess moderner westlicher Staaten sowie der Gleichstellung von Mann und Frau. Mit seiner Kulturrevolution hat er etwas Neues und Einzigartiges in der islamischen Welt geschaffen, große Teile seines Volkes aber auch überfordert.“

ORF/Loopfilm/Oliver Halmburger
Atatürk (Tim Seyfi).

Schutz seines Lebenswerks

Die Radikalität seiner Reformen ruft – erwartungsgemäß in der jahrhundertelang religiös geprägten Gesellschaft – viele Kritiker auf den Plan. Mustafa Kemal, nun Atatürk, Vater der Türken genannt, reagiert diktatorisch: Gegner seiner Kleiderreform lässt er ebenso hinrichten wie Kurden, die den Aufstand planen. 1926 fliegt ein Mordkomplott gegen ihn auf. Er nimmt es zum Anlass, die Opposition verhaften zu lassen und damit auszuschalten. Atatürk wird immer einsamer auf dem Weg, die Türkei in ein neues Zeitalter zu katapultieren. Mit einer Marathonrede, Nutuk, die 36 Stunden dauert, versucht er 1927 Politik und Bevölkerung von seinem Weg zu überzeugen. Sich selbst schont er dabei nicht – er ist ein Besessener, der manisch für sein Lebenswerk brennt. Sein Konsum von Alkohol, Zigaretten und Kaffee ist notorisch – und hat gesundheitliche Folgen. Nach einem Herzinfarkt Ende der 1920er Jahre erkrankt er 1937 an Leberzirrhose. Am 10. November 1938 stirbt Atatürk mit nur 57 Jahren in Istanbul.

ORF/Interspot Film
Historiker Ilber Ortayli, Istanbul

Selten hat ein Politiker eine Gesellschaft so schnell verändert wie Mustafa Kemal Atatürk. In der religiös tief verwurzelten Türkei hat das Folgen bis heute – das belegen im Film türkische Experten wie İlber Ortaylı und Emre Kongar sowie der deutsche Atatürk-Biograf Klaus Kreiser.

Die „Universum History“ Dokumentation „Atatürk – Vater der modernen Türkei“ entstand als Koproduktion von ORF, ZDF, Ceska Televize; Loopfilm/München, Interspot Film/Wien und BMBWF in Kooperation mit ARTE, gefördert vom Fernsehfonds Austria und dem FilmFernsehFonds Bayern.

Gestaltung

Monika Czernin

Oliver Halmburger