Universum History

Entführt und ausgestellt - Das vergessene Erbe der Völkerschauen

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Als wild, furchteinflößend und exotisch hat man Menschen einst in sogenannten Völkerschauen ausgestellt – wie Tiere in einem Zoo.

Vom frühen 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts wurden etwa 35.000 Menschen unterschiedlicher Herkunft in Europa, den USA und Japan vorgeführt. Manche wurden dafür brutal entführt, andere für einen versprochenen Lohn engagiert, den sie nie erhielten. Die „Universum History“-Dokumentation „Entführt und ausgestellt – Das vergessene Erbe der Völkerschauen“ von Pascal Blanchard, Coralie Miller und Bruno Victor-Pujebet (ORF-Bearbeitung: Katharina Gruber) zeigt am Freitag, dem 10. Februar, um 22.35 Uhr in ORF 2 erhaltene Archivbilder und Interviews mit Nachfahren von Betroffenen.

ORF/Arte France/London Stereoscopic Company/Hulton Archive/Getty Images
Bei den rassistischen Völkerschauen, die man im 19. und 20. Jahrhundert veranstaltete, wurden Menschen aus den Kolonien wie Tiere ausgestellt und vom weißen Publikum begafft.

Die   „Wilden“ in den Käfigen

Die Geschichte von Sylvette Kaloïe, einer Französin, die erst im hohen Alter erfuhr, dass man ihren Vater 1931 von einer Südseeinsel geholt und im Zoologischen Garten von Paris ausgestellt hatte, erzählt die Dokumentation ebenso wie jene von Ota Benga aus dem Kongo, der 1904 von einem Sklavenhändler entführt und in den USA wie eine Sensation herumgereicht wurde. Diese Menschen wurden auf eine Stufe mit Tieren gestellt und in Käfigen neben Affen ausgestellt. Fast eineinhalb Milliarden Menschen weltweit besuchten Völkerschauen: in zoologischen Gärten, Zirkussen, Theatern und bei Weltausstellungen. Die zur Schau gestellten Menschen mussten erfundene Rituale vorführen oder Kannibalen spielen. Das Publikum konnte hautnah dabei sein und glaubte gerne, dass die Vorführungen authentisch waren. So konnten sich die Zuseher und Zuseherinnen den angeblichen „Wilden“ überlegen fühlen.

ORF/Arte France/Groupe de recherche Achac
Im Zoologischen Garten von Paris wurden Menschen wie Tiere ausgestellt. Dieses Plakat bewirbt eine dieser rassistischen Völkerschauen.

Verbreitung von Rassismus und imperialistischer Politik 

Völkerschauen trugen zur Verbreitung rassistischer Vorstellungen bei, zu Klischees von vermeintlich wilden, unzivilisierten Menschen. Die europäischen Kolonialmächte nutzten die Shows auch, um ihre imperialistische Politik zu rechtfertigen und die Idee unterschiedlicher menschlicher „Rassen“ zu verbreiten.

ORF/Arte France/Bonne Pioche Télévision/Archipel Production
1882 brachte das französische Kolonialministerium 32 Kalina, Indigene aus Französisch-Guayana, nach Paris, um sie dort im Zoologischen Garten auszustellen. Heute erinnert sich Lydia Toka an die Geschichte ihrer Vorfahren.

Die meisten Geschichten der Männer, Frauen und Kinder, die aus Kolonien für Völkerschauen, Zoos und Zirkusse rekrutiert wurden, gingen undokumentiert im Laufe des 20. Jahrhunderts verloren. Nur einige wenige haben die europäische Verdrängung überdauert. Die „Universum History“-Dokumentation „Entführt und ausgestellt – Das vergessene Erbe der Völkerschauen“ zeigt erhaltenes Bildmaterial und porträtiert Nachfahren der Betroffenen, die sich an die fast vergessenen Geschichten erinnern.

Gestaltung

Pascal Blanchard

Coralie Miller

Bruno Victor-Pujebet

Bearbeitung

Katharina Gruber