Universum History

Flucht durch die Puszta- Im Fadenkreuz der Roten Armee

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Die Dokumentation handelt von Solidarität, Mut und Hoffnung basierend auf Stellas Erzählung, die auf das Leid von Frauen aufmerksam macht.

Die Schwedin Stella Kuylenstierna wächst behütet im Stockholm der Jahrhundertwende auf. Die Liebe verschlägt die junge Frau nach Ungarn, wo sie in den Hochadel einheiratet. Der Zweite Weltkrieg wirft ihr Leben aus seinen wohlgeordneten Bahnen. Als die Rote Armee 1945 Ungarn in die sowjetische Einflusssphäre bringt, muss Stella fliehen. In der Emigration schreibt sie ein Buch über ihre Erlebnisse, das einen Skandal auslöst. Denn neben ihren Erfahrungen von Flucht und Vertreibung durch die Sowjets schildert sie auch die Massenvergewaltigungen durch die Soldaten der Roten Armee. Die „Universum History“-Dokumentation „Flucht durch die Puszta – Im Fadenkreuz der Roten Armee“ von Judit Benedek und Kajsa Stål (ORF-Bearbeitung: Sabine Aßmann) zeichnet am Freitag, dem 25. November, um 22.35 Uhr in ORF 2 die bemerkenswerte Geschichte einer Frau nach, deren eindringlicher Appell gegen Krieg und Gewalt bis heute berührt.

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Im Bild: Mit gerade einmal 17 Jahren heiratet Stella in die Adelsfamilie Andrássy ein — und verlässt mit ihrem Mann, Graf Imre Andrássy, Stockholm für ihre neue Heimat Ungarn.

Um 23.20 Uhr folgt Klaus T. Steindls „Universum History“-Verfilmung des Spionagefalls Margarethe Ottillinger mit Ursula Strauss in der Titelrolle: „Margarethe Ottillinger – Die Frau, die zu viel wusste“ vermittelt das Bild einer Zeit, als der frühe Kalte Krieg in Europa auch ein unerbittlicher Wirtschaftskrieg war.

Der Dreimächtepakt 

Die Geschichte der jungen Schwedin Stella Kuylenstierna ist außergewöhnlich: 1918 lernt die 16-Jährige in Stockholm einen jungen Mann kennen. Imre Andrássy gehört zu einer der bedeutendsten und einflussreichsten Familien des ungarischen Hochadels. Gegen den anfänglichen Widerstand ihrer Familie heiraten die beiden, sie folgt ihm nach Ungarn. Das Paar lebt viele Jahre ein sorgenfreies, luxuriöses Leben. Doch der Zweite Weltkrieg verändert alles. Ungarn stellt sich zunächst auf die Seite Deutschlands und Italiens, tritt dem Dreimächtepakt bei. Aus dem immer verlustreicheren Krieg versucht das Horthy-Regime dann einen Rückzug. Im Frühjahr 1944 reagiert Hitler mit der Besetzung Ungarns. Ab September 1944 dringt die Rote Armee sukzessive in Ungarn ein und verkündet nach heftigen Kämpfen im Februar 1945 den Sieg. Die Belagerung von Budapest dauert 100 Tage. Die Befreier verüben auch zahlreiche Gräueltaten. Stella flieht mit ihrem Mann, ihren beiden Töchtern und dem Enkel. Die Flucht gestaltet sich abenteuerlich und gefährlich. Ihre Erlebnisse schreibt Stella im Buch „Die Puszta brennt“ nieder, das 1948 in Schweden erscheint. Darin schildert sie ihr unbeschwertes Leben in Ungarn vor dem Krieg und beschreibt schonungslos das Leid des Krieges und der Flucht. Ihre Berichte von systematischen Massenvergewaltigungen ungarischer Frauen durch Soldaten der Sowjetarmee werden zum Skandal. Man glaubt ihr nicht und bezichtigt sie der Lüge.

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Im Bild: Princeton, New Jersey (1972): Stella und Imre mit ihrer Nichte, Birgitta Westerberg und deren Tochter Sophie.

Hoffnung für eine friedliche Welt

„Die Puszta brennt“ ist dabei kein Dokument einer Anklage, sondern ein eindringlicher Appell an die Welt, den Millionen Vertriebenen des Krieges zu helfen. „Ich habe dieses Buch in der Hoffnung geschrieben, dass die Welt jenen Verzweifelten helfen wird, bevor es zu spät ist“, lauten Stellas eigene Worte. Dafür pilgert sie sogar zum Papst nach Rom. „Ich habe versucht, ein objektives Bild von all dem zu geben, was mir widerfahren ist. Dabei wird mir klar, dass es nur ein schwaches Echo dessen ist, was geschehen ist und immer noch geschieht“, schreibt sie in ihren Erinnerungen. 1998 stirbt Stella 96-jährig in den USA. Ihre Hoffnung auf eine friedliche Welt hat sich nicht erfüllt. Sie muss miterleben, wie ihr Enkelsohn in Vietnam fällt.

 

Mit Hilfe detailreicher Reenactments zeichnet die „Universum History“-Dokumentation die wechselvolle Geschichte von Stella Kuylenstierna Andrássy nach. Zu Wort kommen Historiker/innen ebenso wie Familienangehörige. Archivaufnahmen und Fotografien aus Familienbesitz machen den Blick in die Vergangenheit lebendig. Stellas Lebenserinnerungen, die sie nach dem Krieg niedergeschrieben hat, bilden den Rahmen für diese eindringliche Erzählung einer erstaunlichen Lebensgeschichte.

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Im Bild: Der Vietnamkrieg bringt neues Leid in das Leben der Andrássys. Die jüngere Tochter Elisabeth lebt mit ihren beiden Kindern in der Nähe der Eltern. Sohn und Enkel Roy geht zur Armee und fällt mit gerade einmal 18 Jahren in Vietnam.