Universum History

Betty Williams - Nordirlands Friedensfrauen

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Aktivistin, Mutter, Friedensnobelpreisträgerin

Das Leben der 1943 geborenen Betty Williams ist abenteuerlich. Die Tochter einer katholischen Mutter und eines protestantischen Vaters aus einfachen Verhältnissen erlebt von Kind an die bürgerkriegsähnlichen Zustände in Nordirland und die Feindschaft zwischen den Konfessionen. Ihre Cousins werden auf der Straße getötet, der eine von Protestanten, der andere von der katholischen IRA. Sie gründet zuerst „Women for Peace“ und organisiert Demonstrationen, dann die Organisation „Community of Peace People”, die sich für den Frieden in Nordirland einsetzt. Dafür wird ihr und ihrer Mitstreiterin Mairead Corrigan 1976 der Friedensnobelpreis verliehen. In Reisen durch Europa, die USA und nach Australien wirbt sie für eine friedliche Beilegung des Konfliktes in ihrer Heimat. Bis zu ihrem Tod im Frühjahr 2020 setzt sich Betty Williams dafür ein, Konflikte durch Verständnis, Mitgefühl und gewaltfrei zu lösen. Die „Universum History“-Dokumentation „Betty Williams – Nordirlands Friedensfrauen“ von Dawn Engle (ORF-Bearbeitung: Josef Peter Glanz) zeichnet ein einfühlsames Porträt der Friedensikone.

ORF/BBC
Im Bild: Bombenattentate prägten jahrzehntelang den Alltag in Nordirland.

Kampf zwischen Katholiken und Prostestanten

In den 1970er Jahren steht Nordirland am Rande eines Bürgerkriegs. Katholiken protestieren für bessere Jobs und Wohnmöglichkeiten sowie gleiches Wahlrecht. Ihre Proteste werden von protestantisch-kontrollierten Spezialeinheiten der Polizei mit brutaler Gewalt niedergeschlagen. In den zwei Tagen der Unruhe sterben acht Menschen, 750 werden verletzt und 1.505 katholische Familien vertrieben. Der nordirische Premierminister ruft die britische Armee zu Hilfe, nachdem die nordirische Polizei nicht in der Lage gewesen ist, die Unruhen zu beenden. Nach dem Einsatz beruhigt sich die Lage zunächst. Dann kommt es jedoch zu einer Neuorientierung der IRA, die von ihren anfangs rein defensiven Operationen zu einer offensiven Kampagne übergeht und danach trachtet, die britische Herrschaft in Nordirland zu beenden und die Wiedervereinigung Irlands herbeizuführen. Die Gewalt nimmt zu, Schusswechsel zwischen der IRA und den Sicherheitskräften sind an der Tagesordnung.

ORF/BBC/PeaceJam
Im Bild: 1976 demonstrierten protestantische und katholische Männer und Frauen gegen die Spirale der Gewalt in Nordirland.

Frauen gegen Gewalt

Der Auslöser für Betty Williams politisches Engagement sind die Ereignisse vom 10. August 1976, als zwei IRA-Aktivisten versuchen, britischen Soldaten zu entkommen. Dabei wird der Fahrer am Steuer erschossen und sein Begleiter schwer verletzt. Das Auto erfasst eine Frau und ihre drei kleinen Kinder, darunter ein Baby. Die Mutter überlebt schwer verletzt, doch die drei Kinder sterben. Betty Williams wird Augenzeugin der Ereignisse und beschließt daraufhin, etwas gegen diese alltägliche Gewalt zu unternehmen. Sie versucht zunächst, die Nachbarn aufzurütteln. Ihr Appell gegen die Gewalt und für Versöhnung wird zwei Tage nach dem Ereignis im Fernsehen ausgestrahlt. Die Medien berichten über ihr Engagement. Innerhalb kürzester Zeit wächst die Unterstützung. Es gelingt ihr, Hunderttausende Menschen, vor allem Frauen, zu Protesten zu motivieren. Gemeinsam verlangen sie Veränderungen in ihrem Land und nehmen diese schließlich selbst in die Hand. In ganz Großbritannien und Nordirland kommt es zu großen Friedensdemonstrationen.

ORF/BBC
Im Bild: Betty Williams und Mairead Corrigan organisierten Protestmärsche unter dem Motto “Women for Peace”, daraus wurde die größte Friedensbewegung Nordirlands.

Der Friedensnobelpreis für die Organisation „Community of Peace People“

Ihre engste Mitstreiterin ist die Tante der drei getöteten Kinder, Mairead Corrigan. Auf einen Aufruf von Betty Williams und der von ihr gegründeten Gruppe „Women for Peace“ hin versammeln sich bald 10.000 Menschen zu Demonstrationen in Andersonstown, dem Ort des Geschehens. Woche für Woche finden daraufhin in Nordirland sogenannte „Peace Rallyes“ statt, Friedensdemonstrationen. Im Oktober 1977 wird Betty Williams und Mairead Corrigan für die Gründung der Organisation „Community of Peace People“ der Friedensnobelpreis verliehen (rückwirkend für das Jahr 1976, in dem der Preis zunächst nicht vergeben worden war). Sie erhalten die hohe Auszeichnung im Dezember 1977.

„Universum History“ erzählt die Geschichte einer jungen Mutter aus dem von Gewalt geschüttelten Nordirland vor 50 Jahren. Es ist die Geschichte einer sehr mutigen Frau, die eine stille, friedvolle Revolution anzettelt, um für den Frieden zu kämpfen. Einer Frau, die beweist, dass jeder einzelne Mensch die Angst überwinden und Großes bewirken kann. Noch nie gezeigtes Filmmaterial und Behind-the-Scenes-Interviews machen das Besondere dieser Dokumentation aus.

Bearbeitung

Josef Glanz