'Zur Krönung von King Charles III.'

Universum History

Victoria - Geheimnisse einer Jahrhundert-Queen

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Sie galt als prüde, herrschsüchtig und machtbewusst, doch ihre Tagebücher zeichnen ein anderes Bild.

 

Mehr als ein halbes Jahrhundert lang war sie Oberhaupt des größten Reichs der Menschheitsgeschichte, ihr eigenes Volk jedoch blieb ihr zeitlebens fremd. Königin Victoria von England, eine Regentin, die mit wirtschaftlicher Blütezeit ebenso assoziiert wird wie mit Hunger und Elend, prägte mit ihren strengen Moralvorstellungen ein ganzes Zeitalter, nahm es mit ihrem eigenen Lebenswandel aber nicht ganz so genau. Wer war diese widersprüchliche britische Monarchin, die in 230 Kriegen Großbritannien zu seiner größten Ausdehnung verhalf und als „Großmutter Europas“ Nachkommen in fast allen europäischen Königshäusern hat?

ORF/Metafilm und IFAGE/Philipp Sklorz
Victoria (Gisela Salcher) und Munshi (Ankur Ahluwalia).

Das Viktorianische Zeitalter

In der von Andrea Oster gestalteten Spieldoku „Victoria – Geheimnisse einer Jahrhundert-Queen“ blickt „Universum History“ am Freitag, dem 5. Mai, um 22.35 Uhr in ORF 2 hinter die Kulissen der Langzeitmonarchin und präsentiert einen informativen Blick auf eine Königin, die mit neun Kindern überfordert war, für ihre Kolonialpolitik aber über Leichen ging, die als Ikone des aufstrebenden Bürgertums galt, ihrem Mann aber viel Spielraum und Macht überließ. Eine Regentin, die zum Synonym für das prüde Viktorianische Zeitalter wurde, sich aber selbstverständlich ihren eigenen Leidenschaften hingab. Eine Frau, die selbst alle Rechte in Anspruch nahm – sich aber nicht weiter um Frauenrechte und soziale Gerechtigkeit kümmerte. In aufwendig produzierten Reenactments werden in dem von Metafilm und Ifage Filmproduktion produzierten Dokudrama wichtige Schlüsselszenen ihres Lebens nachgezeichnet, die ein neues Licht auf die prüde Herrscherin und ihr sinnliches Liebesleben werfen. Der Film entstand als Koproduktion von ORF und ZDF/ARTE in Zusammenarbeit mit ORF-Enterprise, gefördert vom Fernsehfonds Austria.

ORF/Metafilm und IFAGE/Philipp Sklorz
Victoria (Franziska Singer) und Albert (Dominic Oley).

Das British Empire und die Arbeiterklasse

„Sie war die beste und die schlechteste Königin aller Zeiten“, resümiert die deutsche Historikerin Karina Urbach. Als überzeugte Imperialistin vergrößerte Victoria das British Empire um Kolonien, die ein Viertel der Erdoberfläche und ein Drittel der Menschheit umfassten. In Großbritannien hingegen verhungerte mehr als eine Million Menschen nach verhängnisvollen Missernten oder starb aufgrund katastrophaler Hygienebedingungen. Weil das Trinkwasser verschmutzt war, griffen viele Engländer bereits im Kindesalter zu Bier. Während die fortschreitende Industrialisierung England zu wirtschaftlicher Blüte verhalf, manifestierte sich das Elend der Arbeiterklasse auf der Straße. Gefängnisse und Armenhäuser waren überfüllt, sogar fünfjährige Kinder schufteten schon mehr als zehn Stunden am Tag in Minen und Fabriken und bekamen als Lohn nur Brot und keimverschmutztes Wasser aus den Flüssen. Und doch galten sie in der viktorianischen Gesellschaft als faul und arbeitsscheu, denn „wer fleißig arbeitet, den belohnt Gott mit Erfolg und Wohlstand“, lautete das protestantische Arbeitsethos.

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Victoria (Franziska Singer).

Die Tagebücher der Monarchin

Victoria war erst 18, als sie 1837 den englischen Thron bestieg. Auf ihre zukünftige Rolle als Königin von England war sie fernab vom Hof kaum vorbereitet worden. Um ihre politische Ahnungslosigkeit und ihre Bildungslücken zu bekämpfen, bekam sie Nachhilfestunden von ihrem ersten Premier Lord Melbourne. Er trug dazu bei, dass Victoria zu einer selbstbewussten Monarchin heranreifte, die sich mehr Rechte herausnahm als ihr politisch zustanden – auch wenn sie für ihr Volk von Nachteil waren. Vehement setzte sie sich zum Beispiel gegen Frauenrechte ein, weil sie felsenfest davon überzeugt war, dass Frauen beispielsweise nicht Ärztinnen werden sollten. Während sie nach außen hin ein Frauenbild vertrat, in dem der weibliche Körper als verpönt galt und mit hochgeschlossenem Kragen und bodenlangen Röcken zu verhüllen war, widmete sie sich leidenschaftlich und sentimental ihren eigenen körperlichen Bedürfnissen. Um von den Kindern ungestörte Stunden mit ihrem geliebten Mann Prinz Albert verbringen zu können, ließ sie an ihrer Schlafzimmertür ein mechanisches Schloss anbringen, das vom Bett aus zu verriegeln war. Nach dem frühen Tod Alberts inszenierte sie zeitlebens publikumswirksam ihre Trauer, schockierte aber gleichzeitig ihre Kinder und den Hofstaat mit ihrer fast 20-jährigen Beziehung zum königlichen Stallmeister John Brown. „Sie liebte den Sex, aber nicht die Folgen“, sagt die Historikerin Jana Riedel. Wären ihre offenherzigen Tagebücher damals veröffentlicht worden, hätten sie wohl einen Skandal ausgelöst.

Gestaltung

Andrea Oster