Monobloc - Ein Plastiksessel erobert die Welt
Man kennt ihn auf der ganzen Welt. Jenen billigen Plastiksessel, der hierzulande als Innbegriff von Geschmacklosigkeit, Kulturlosigkeit und Hässlichkeit gilt, während er im globalen Süden für viele Menschen pures Glück bedeutet.
In Hauke Wendlers Dokumentarfilm wird der „Monobloc“, wie das Sitzgerät heißt, zum Hauptprotagonisten. Seinen Namen hat er, weil er in einem Guss gefertigt wird und aus nur einem Teil besteht. Der Filmemacher veranschaulicht nicht nur die Entstehungsgeschichte des robusten, wasserfesten, leichten und stapelbaren Sessels in Italien und Frankreich sowie seine Möglichkeit zum Recyclen, sondern auch die unterschiedlichen Bedeutungen des Sessels für Menschen rund um den Globus.
Während des Plastikbooms in den Siebzigerjahren war der Monobloc ein Lifestyleobjekt. Mittlerweile hat er neben den vielen Asia Restaurants und Biergärten auch in einem Designermuseum in Deutschland seinen Platz gefunden.
In anderen Teilen der Welt bekommt der Monobloc eine völlig andere Bedeutung. In Uganda beispielsweise wird der Plastiksessel auf ein Metallgestell mit Rädern montiert und wird so zu einem Rollstuhl umfunktioniert. Hier, wo ein richtiger Rollstuhl kaum erschwinglich ist, verhilft der Monobloc gehbehinderten Menschen wie Annet Nnabulime wieder zu mehr Mobilität. Jahrelang konnten sie sich nur langsam am Boden mit ihrer Armeskraft fortbewegen. Ein anderes Beispiel zeigt, dass ein Mann aus Vietnam, der Soldat beim Vietcong war seit seiner Verwundung in den frühen 1970er Jahren von seinem Bruder getragen wurde. Mit dem Monobloc Rollstuhl gewinnt er nach Jahrzehnten einen Teil seiner Freiheit wieder zurück.
Sowohl in Indien als auch in Brasilien bietet der Monobloc auch eine rege Industrie. Aus den kaputten Sesseln wird Polypropylen recycelt, aus dem wieder neue Sessel produziert werden. Er verschafft somit vielen Menschen eine Beschäftigung, wie beispielsweise dem Vorarbeiter in der indischen Plastikfabrik oder der Müllsammlerin in Rio de Janeiro.
Außerdem wird der Monobloc in Indien auch zu einem leistbaren Möbelstück, eine Alternative zum Hocken auf dem Boden.
Am Ende geht es in Hauke Wendlers Film also weniger um den Sessel an sich, sondern viel mehr um die Menschen, die auf ihm Platz nehmen und den Nutzen, den jeder für sich aus ihm zieht. Während der Monobloc im Westen auf Ablehnung und Kritik stößt, bringt er für die Menschen im globalen Süden massive Verbesserunen in ihrem Lebensalltag. Der Dokumentarfilm macht damit auch die Ungleichheiten zwischen dem Westen und dem globalen Süden sichtbar.