Menschen & Mächte
Wenn die Polizei kommt
Rund 30.000 Polizistinnen und Polizisten versehen in Österreich Dienst. Sie tragen Sorge für die Sicherheit im Lande. Doch das Verhältnis zwischen Bürgern und Bürgerinnen auf der einen und Polizei auf der anderen Seite scheint kompliziert. Denn während sich die Polizei über mehr Bürgergewalt beklagt, kritisieren Bürger und Bürgerinnen schon mal den unverhältnismäßigen Einsatz von Gewalt – immer öfter festgehalten auf Handyvideos.
Rückblick in die Geschichte der Polizei
Menschen & Mächte versucht mit „Wenn die Polizei kommt“ zu erklären, wie sich Polizei und Bürger derart entfremden konnten. Die Dokumentation blickt zurück in die Geschichte der Polizei in Österreich, ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, und fragt Experten und Expertinnen nach ihren Empfehlungen für eine bürgernahe Polizei der Zukunft.
„Widerstand gegen die Staatsgewalt“
In den letzten Jahren gab es einen deutlichen Anstieg der Anzeigen wegen „Widerstand gegen die Staatsgewalt“. Sie werden von der Polizei erstattet, wenn Bürgerinnen und Bürger gegen die Polizei handgreiflich werden oder Widerstandshandlungen setzen. „Es ist an Tagesordnung, dass Kolleginnen und Kollegen attackiert werden, durch Fußtritte, durch Angriffe, durch Faustschläge,“ sagt Manfred Ihle, erfahrener Polizist und Kommandant der Bereitschaftseinheit der Wiener Polizei. „Diese Hemmungslosigkeit, das ist für mich in den letzten Jahren ein bisschen überraschend.“ Den Anzeigen folgen in vielen Fällen Verurteilungen und Vorstrafen.
Polizeigewalt
Gewalt, die von der Polizei ausgeht, hat ein 52jähriger Kärntner erlebt. Er hat im Mai 2019 an einer Klimademo inklusive Sitzblockade teilgenommen. Bekannt geworden ist er durch ein Video, auf dem zu sehen ist, wie ihn mehrere Polizisten am Boden fixieren und ihn einer mit Schlägen traktiert. Im Oktober wurden zwei der beteiligten Beamten – nicht rechtskräftig – zu bedingten Haftstrafen verurteilt. Mit Menschen & Mächte hat der 52-jährige zum ersten Mal in einem ausführlichen Interview über die Amtshandlung an diesem Tag gesprochen.
Woher kommt diese Zunahme an Gewalt? Ist sie ein Ausdruck gestiegenen Misstrauens zwischen Polizei und Bürgern? Müssen Polizisten für aufgestauten Frust gegen den Staat, Politik und Parteien herhalten? Geht die Gewalt also stärker gegen die Uniform als den einzelnen Beamten? Sind Polizisten auf der anderen Seite bei Demonstrationen, Fußball-Matches oder ganz gewöhnlichen Amtshandlungen manchmal überfordert? Warum gehen immer wieder Amtshandlungen schief und enden schließlich vor Gericht In diesem Zusammenhang beleuchtet die Dokumentation von Gregor Stuhlpfarrer die wichtigen Schnittstellen: Polizei – Staatsanwaltschaften – Gerichte. Und thematisiert die Erfolge und Misserfolge polizeilicher Deeskalationsstrategien und deren Training.
Die Dreharbeiten für diese Dokumentation gestalteten sich mitunter schwierig. Sie waren von spürendem Misstrauen von Seiten der diversen Polizei-Pressestellen begleitet. Doku-Gestalter Gregor Stuhlpfarrer: „Ich hatte den Eindruck, dass meine Recherchen über den Alltag von Polizistinnen und Polizisten vor allem zu Beginn ständig mit Argusaugen beobachtet wurden, und dass das Misstrauen groß war.“
Blick in den polizeilichen und kriminalpolizeilichen Alltag
Die Dokumentation von Gregor Stuhlpfarrer thematisiert die besonderen Herausforderungen, denen sich Polizisten und Polizistinnen derzeit aber auch in Zukunft stellen müssen - Stichwort: Body-Cams und Cyberkriminalität. „Wenn die Polizei kommt“ wirft einen Blick in den polizeilichen und den selten behandelten kriminalpolizeilichen Alltag, ebenso in die Ausbildung und fragt schlussendlich nach Strategien der Deeskalation und Auswegen aus der Entfremdung zwischen Polizei und Teilen der Gesellschaft. Ein Beispiel dafür: der „Grätzlpolizist.“ Einen in Wien Alsergrund hat Gregor Stuhlpfarrer begleitet.
Gestaltung
Gregor Stuhlpfarrer