kulturMontag
Die fetten Jahre sind vorbei
Ist das Kulturland Österreich in der Krise?
Eine Pandemie, ein Krieg in Europa, explodierende Energiepreise und eine saftige Teuerungswelle – gesellschaftspolitische Entwicklungen, die auch vor dem Kunst – und Kulturbetrieb des Landes nicht Halt machen. 50 % ist das neue Ausverkauft scheint die inoffizielle, sarkastische Quintessenz für die kulturelle Krise zu sein. Wird Kultur zum Luxusgut? Was läuft falsch in der Kulturnation Österreich? Mit welchen Strategien lassen sich Probleme lösen? Und wie kann man das geliebte Publikum zurückerobern? Denn schon Geheimrat Goethe sinnierte: „Was wäre ich ohne dich Freund Publikum! All mein Empfinden Selbstgespräch, all meine Freude stumm.“

Es mag als Jammern auf hohem Niveau erscheinen und doch belegen Studien und Statistiken eine Krise der Kultur. Wurde sie allein durch Corona und durch die Wirtschaftskrise heraufbeschworen oder lassen sich andere Ursachen erkennen? Ist der Besucherrückgang auf eine Entfremdung des Publikums zurückzuführen? Liegt es an einem monotonen Angebot der Veranstalter, an einer intellektuellen Ignoranz der Macher oder sind die Kulturkonsumenten gar zu Couch-Potatoes mutiert? Wo ist die Sehnsucht nach dem kollektiven Erleben nach der einsamen Zeit der Pandemie geblieben oder muss der Gürtel einfach enger geschnallt werden, weil die Börsen leer sind?

Ging es in den Jahren der Pandemie um die nackte Existenz, die der Bund mit rund 200 Millionen Euro an Beihilfen zu bewältigen versuchte, steht die Kultur- Szene erneut vor Problemen. Und das trotzdem Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer erneut eine satte Kulturbudget-Erhöhung für 2023 gelungen ist. Während für 2022 557,1 Mio. Euro für Kunst und Kultur budgetiert waren, sind es 2023 620,2 Mio. Euro – eine Steigerung von 63,1 Mio. oder 11,3 Prozent. „Kunst und Kultur sind Grundpfeiler unserer Gesellschaft und müssen auch in schwierigen Zeiten mit einer starken öffentlichen Finanzierung in ihrer ganzen Vielfalt erhalten werden“, so Andrea Mayer.

Gerade in einer Zeit multipler Krisen sei das ein wichtiger Beitrag zur Gesundheit und Resilienz unserer Gesellschaft, ist die Staatssekretärin überzeugt. Der österreichische Kommunikationswissenschaftler und Kulturmanager Fabian Burstein sieht die Krise als Chance für den österreichischen Kulturbetrieb, sich wieder in den Mittelpunkt der Gesellschaft zu spielen.

Notwendig dafür wäre ein gehöriges Maß an Selbstreflexion und Mut zum selbstauferlegten Veränderungswillen, wie er in seinem neuen Buch „Eroberung des Elfenbeinturms“ festhält.

Während die Museumsmacher, verglichen mit Vorcoronazeiten derzeit noch einen Besucherrückgang von rund 20 Prozent erkennen, sind die Auslastungszahlen im Theater bedrohlich, die Abonnements stark rückläufig. Konzept-Regie, verrätselte Bühneninstallationen oder Insider-Inszenierungen scheinen keine vollen Häuser zu bringen. Heißt das Gebot der Stunde: raus aus der Szene-Blase und rein in große Geschichten, in Publikumsmagneten mit einem tollen Ensemble, sollen die Spielplanmacher auf Entertainment samt Starprinzip setzen?

Anbiederei und Opportunismus wettern Kritiker, die eine Kommerzialisierung der Kultur zwischen Boulevard und Blockbuster prognostizieren. Besonders betroffen sind die kaum subventionierte Kleinkunstszene, die Mittelbühnen wie das Musikbusiness. Tritt ein Paradigmenwechsel ein? Und kann man so etwas wie ein neues Biedermeier konstatieren? Wie kann man dem Kultur-Entwöhnungseffekt entgegensteuern? Wie eine kulturelle Teilhabe möglich machen? Und wo bleibt die in Pandemiezeiten vielbeschworene Systemrelevanz der Kultur?
Der kulturMontag mit Analysen, Studien und Strategien. Dazu live im Studio, Staatsekretärin Andrea Mayer, Fabian Burstein, der mit seiner Streitschrift für eine bessere Kultur eintritt und der Kulturmanager Bernhard Rinner der Grazer Bühnen.
22:30 Die fetten Jahre sind vorbei
Wird Kultur zum Luxusgut?

22:35 Ist es Komödie, ist es Tragödie?
Wo bleibt das Publikum?

22:40 Studiogast: Andrea Mayer
Die Kultur-Staatssekretärin über kulturelle Teilhabe & Finanzhilfen
22:50 Die Faust im Nacken
Die Freie Szene in der Dauerkrise

22:55 Was Sie schon immer über Kunst wissen wollten
Neue Strategien durch Kulturvermittler*innen

23:05 Studiogast: Bernhard Rinner
Der Kulturmanager der Grazer Bühnen über Sorgen & Auswege
23:10 Stirb langsam?
Was läuft falsch im Kulturbetrieb?

23:15 Studiogast: Fabian Burstein
Der Autor & seine Streitschrift für eine bessere Kultur
23:20 Die große Illusion
Wie funktioniert das Musik-Biz?

23.25 kulturDoku
Wechselspiele: Mira Lu Kovacs in St. Corona

Wiederholungen
ORF 2: 08.11.2022, 03:05 Uhr
3sat: 12.11.2022, 00:55 Uhr (Samstag Nacht, Sendetitel: lebensArt)
kulturMontag barrierefrei
Der kulturMontag wird im ORF TELETEXT-Gehörlosenservice auf Seite 777 mit Untertiteln für gehörlose und hörbehinderte Menschen ausgestrahlt.