Herz, Hoamat, Hymnen
96% der Oberösterreicher wollen sie einfach behalten, die Salzburger lehnen die Forderung nach einer Neufassung schlicht ab, in Kärnten schreibt man weiter mit „Blut“ die Landesgrenzen und Niederösterreich, dessen Hymne von einem nationalsozialistisch vorbelasteten Dichter verfasst wurde schwenkt nach massiver Kritik zumindest ein wenig um, und hat eine Kommission um Prüfung gebeten. Gleich vier österreichische Landeshymnen stehen derzeit in der öffentlichen Diskussion.
In einem offenen Brief an die Landeshauptleute forderte die IG Autorinnen Autoren rund um Mastermind Gerhard Ruiss vor kurzem Änderungen, seien die Landeshymnen doch historisch belastet. In Oberösterreich steht der Verfasser des Textes, Franz Stelzhamer, ein radikaler Antisemit, der den Genozid an den Juden befürwortet habe, im Fokus. In Niederösterreich sei „der Hymnentexter Franz Karl Ginzkey ein Befürworter der Bücherverbrennungen, der mitten im Krieg der NSDAP beigetreten war“, kritisiert die IG.
In Salzburg habe sich Komponist Ernst Sompek nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Österreich gebrüstet, ein illegales österreichisches NS-Parteimitglied gewesen zu sein. Der Dichter Anton Pichler wiederum soll ein kriegsverherrlichender Priester gewesen sein, dessen Text ein „kitschig-pathetischer Schollenschwulst“ ist. In Kärnten könnte das Problem nach Ansicht der IG einfacher gelöst werden. Hier müsste bloß die vierte Strophe gestrichen werden, die Agnes Millonig, eine frühe, damals noch illegale Nationalsozialistin geschrieben hatte.
Seither gehen die Wogen hoch und die Debatte reißt nicht ab. Sind Hymnen ein unverrückbares Identifikationssymbol für ein Land oder sollten die braunen Flecken der Vergangenheit im Jahr 2023 endlich durch neue Texte entsorgt werden? Eine Kontroverse, die nicht ganz neu ist, stand, wenn auch aus anderen Gründen, Österreichs Bundeshymne 2012 auf dem Prüfstand. Nach 65 Jahren und trotz unendlicher Querelen wurde damals die Textzeile von Paula von Preradovic in „Heimat bist du großer Töchter und Söhne“ geändert.
Der kulturMontag hat sich in der Künstlerschaft nach Lösungen umgehört und bittet den Schriftsteller Franzobel zum Gespräch ins Studio.
TV-Beitrag: Julia Fellerer & Madeleine Geosits