Ein ORF-Neujahrskonzertballett voller Premieren: Debüts für Choreografin Cathy Marston und Kostümdesigner Patrick Kinmonth
Für das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker am 1. Jänner 2025 hat der ORF auch heuer wieder das traditionelle Neujahrskonzertballett vorproduziert. Bereits Ende des Sommers wurden zwei besondere Tanzeinlagen abgedreht, die dem TV-Publikum während der Live-Übertragung (ab 11.15 Uhr, ORF 2 und ORF ON) zu ausgewählten Konzertstücken präsentiert werden. Die zwei von Ensemblemitgliedern des Wiener Staatsballetts dargebotenen Tanznummern entstanden zu Werken des musikalischen Jahresregenten Johann Strauss Sohn, dessen 200. Geburtstag 2025 begangen wird: zur Polka schnell op. 403 „Entweder-oder“ und zum „Accelerationen-Walzer“ op. 234.
Als Drehorte dienten zwei besondere Schauplätze, an denen bislang noch nicht für das Neujahrskonzert getanzt wurde: Die imposante Lok 12.10 im Technischen Museum in Wien für die Polka sowie die Räumlichkeiten des, vor allem durch die Semmeringbahn berühmt gewordenen, Südbahnhotels für den Walzer. Beide Orte stehen für ein wichtiges Thema im Leben der gesamten Strauss-Familie, denn ohne Züge und das moderne Eisenbahnwesen, das 2025 ebenfalls sein 200-Jahr-Jubiläum feiert, wäre der rasante Erfolg der Musikerdynastie wohl kaum denkbar gewesen.
Als Choreografin des Neujahrkonzertballetts 2025 gibt die Britin Cathy Marston, die seit dem Vorjahr auch Direktorin des Balletts Zürich ist, ihr Debüt. Ebenfalls Premiere beim Neujahrskonzertballett feiert der anglo-irische Bühnen- und Kostümbildner, Regisseur sowie Universalkünstler Patrick Kinmonth. Die beiden haben schon mehrmals miteinander gearbeitet.
Filmischer Ansatz mit einzigartiger narrativer Tanzsprache
„Das Publikum kann sich auf einen spielerischen, musikalischen und optisch wunderschönen Start ins Jahr 2025 freuen“, verspricht Choreografin Cathy Marston. Die Britin arbeitet gerne mit Erzählungen, um Emotionen im Tanz zur Geltung zu bringen. Genug Inspiration dafür gaben ihr die Drehorte. „Jeder Ort bot seine eigene Geschichte: die Züge und anderen Fahrzeuge im Technikmuseum, und im Südbahnhotel war es das Bauwerk selbst. Dort fühlte es sich fast so an, als hätte das Gebäude die Hauptfigur in unserem Film sein müssen, denn die Echos der Vergangenheit waren dort deutlich spürbar“, erzählt Marston. „Ich war sehr glücklich, dass Patrick Kinmonth, mit dem ich regelmäßig zusammenarbeite, dabei war, und so begannen wir gemeinsam, uns für jede Tanzeinlage eine Welt und eine ‚Geschichte‘ auszudenken.“
„Die Orte haben uns dazu inspiriert, Geschichten zu entdecken, die aus der Konfrontation mit der riesigen Dampfeisenbahn im Museum und einer Erzählung über Liebe und die Wahl des Partners in dem romantisch verfallenden Hotel entstanden“, ergänzt Patrick Kinmonth, der international häufig als Opernregisseur, Bühnen- und Kostümbildner für Opern- und Ballettproduktionen, Creative Director für die britische Vogue, Kurator, Publizist, Designer, Innenausstatter, Fotograf und Maler tätig ist. Gemeinsam mit Cathy Marston hat der Tausendsassa bisher u. a. abendfüllende Ballette ebenso wie kürzere Ballettproduktionen realisiert: „Immer mit einem filmischen Ansatz, der durch Cathys einzigartige narrative Tanzsprache gefördert wird“, so Kinmonth.
Mechanisches Ballett, romantisches Abenteuer und innovative Materialien
Ihr Choreografie-Konzept erklärt Cathy Marston so. „Die Polka wurde zu einem Tanz über die Mechanik sowohl der großen Dampfmaschine, die wir als Kulisse wählten, als auch über die Mechanik des Balletts. Die Gelenke, Hebel und Push-Pull-Bewegungen, ebenso wie Druck und Entspannung, sind Teil sowohl der Zugsysteme als auch der Technik des Balletts“, so Marston. Und ergänzt: „Der Walzer entwickelte sich zu einem Abenteuer rund um das Südbahnhotel, bei dem verschiedene Charaktere im wahrsten Sinne des Wortes aus den verschiedenen Wänden der unterschiedlichen Räume auftauchen und jeweils gemeinsam den Charakter des Raumes annehmen.“
Auch wenn Patrick Kinmonth sonst häufig Regie führt und gesamte Produktionen inklusive Bühnenbild und Kostümen entwirft, hat er sich beim Neujahrkonzert völlig auf die Tanzkostüme fokussiert. „Die Herstellung von Kostümen für das Ballett ist eine sehr kreative Schnittstelle zwischen den Anforderungen des Körpers der Tänzerinnen und Tänzer, der visuellen Sprache, die notwendig ist, um die Bedeutung und Absicht des Tanzes zu kommunizieren, und etwas Undefinierbarem, nämlich der einzigartigen Ausdrucksqualität des Tanzes selbst“, so Kinmonth.
Und: „Bei diesem Projekt war ich sehr daran interessiert, die Materialien innovativ zu gestalten, und natürlich bedeutet die explosionsartige Verbreitung von Sportbekleidung in der Mode, dass es viel mehr High-Tech-Materialien gibt, mit denen man arbeiten kann. Für die erste Tanzeinlage habe ich Materialien verwendet, die mit der Idee industrieller Oberflächen spielen, inspiriert von der Lokomotive, die unser gewählter Hintergrund ist. Für das zweite Stück habe ich mit den größtmöglichen Varianten an Gewicht, Farbe, Textur und Leistung gearbeitet, indem ich einerseits computergenerierte digitale Bildsymbolik und andererseits absolut traditionelle Handstickereien verwendet habe.“
Tänzer:innen wie olympische Athleten
Vor der ORF-Kamera standen insgesamt 14 Mitglieder des Wiener Staatsballetts: Bekannte Solistinnen und Solisten, aber auch ganz junge Ensemblemitglieder, die zum ersten Mal beim Neujahrskonzertballett dabei sind. Den Walzer präsentieren vier Paare: Elena Bottaro, Davide Dato, Sonia Dvořák, Masayu Kimoto, Alice Firenze, Victor Cagnin, Rashaen Arts und Kristián Pokorný. Die Polka wird von vier Damen und zwei Herren getanzt: Sveva Gargiulo, Sinthia Liz, Laura Cislaghi, Natalya Butchko, Trevor Hayden und Andrés Garcia Torres.
Vom Ensemble zeigen sich Cathy Marston und Patrick Kinmonth gleichermaßen angetan: „Ich hatte eine wundervolle Erfahrung mit den Tänzerinnen und Tänzern des Wiener Staatsballetts. Die Zusammenarbeit war sehr angenehm und inspirierend. Es ist immer eine Freude für mich, neue Künstler:innen kennenzulernen“, schwärmt die Choreografin. Für die Performance der Tanzprofis gibt es großen Respekt. „Sie sind nicht nur außergewöhnliche Künstler:innen, sondern verfügen auch über den gleichen Mut und die Leistungsfähigkeit von olympischen Athleten. Ich bin überwältigt vor Bewunderung für ihr Können und ihre Kunstfertigkeit“, so der Kostümdesigner.
Und: „Ich arbeite seit mehr als 40 Jahren im Theater, es ist daher sehr anregend, etwas zu tun, was man noch nie zuvor getan hat. Das Neujahrkonzertballett ist ein Projekt, das mich dazu ermutigt, die Dinge auf neue Weise zu sehen. Kostüme für dieses berühmte Konzert zu entwerfen, ist für mich natürlich eine Ehre und eine Herausforderung zugleich, denn sie werden von Millionen von Menschen gesehen und auf der ganzen Welt in Nahaufnahme auf Film festgehalten.“