Ein Reifenflüsterer auf Abwegen

Der Hangar Bicocca

Werbung Werbung schließen

Normalerweise schwören Max Verstappen oder Lance Stroll nicht nur in Spielberg auf die pfeilschnellen Pneus. Denn wer in der Formel 1 gewinnen will, muss die Reifen verstehen. Seit einigen Jahren ist auch die zeitgenössische Kunstszene von der Strahlkraft des berühmten Gummifabrikanten Piero Pirelli überzeugt.

Pirelli Hangar Bicocca
ORF

Der Hangar Bicocca, eine 2004 fertig umgebaute Produktionshalle des nicht mehr existierenden Schwerindustriekonzerns Breda, wurde in den vergangenen Jahren völlig neu aufgestellt und avancierte zu einem internationalen Schauplatz für Gegenwartskunst in Mailand. Eine ambitionierte Mission, denn das norditalienische Design- und Modezentrum ist erstaunlich arm an Institutionen, die der zeitgenössischen Kunst gewidmet sind.

Building of the new shed of the Breda Elettromeccanica company, 1963-64
Courtesy Fondazione Isec, Archivio storico Breda
Building of the new shed of the Breda Elettromeccanica company, 1963-64

Es galt also, eine Lücke zu füllen. Der ehemalige Leiter der Tate Modern, Vicente Todolí wurde damit beauftragt, aus dem Hangar ein international anerkanntes Museum zu machen – das Geld für das Unterfangen kommt zur Gänze von der Kulturstiftung des Reifenherstellers.

Pirelli Hangar Bicocca Halle
ORF

Rund 3 Millionen Euro stehen dem Spanier für Ausstellungen zur Verfügung, weitere 3 Millionen investiert die Stiftung des Konzerns in die Erhaltung des Hangars, der nicht als Pirelli-Museum gebrandet ist.

Die Kunsthalle als Impfzentrum
Einen Teil der riesigen Halle mit den Kunstwerken von Anselm Kiefer stellt Pirelli als Impfzentrum für den Norden Mailands zur Verfügung

Todolís Konzept: Big Names wechseln sich mit Newcomern ab. Nach Superstars wie Marina Abramović, Mike Kelley oder Anselm Kiefer, dessen monströse „Himmelspaläste“ hier eine Dauerschau haben ist nun ein Italiener zu Gast. Querkopf Maurizio Cattelan knöpft sich die 10 000 m2 große Ausstellungsfläche vor.  

"Breath Ghosts Blind" von Maurizio Cattelan
Courtesy Maurizio Cattelan’s Archive
"Breath Ghosts Blind" von Maurizio Cattelan
"Breath Ghosts Blind" von Maurizio Cattelan
Courtesy Maurizio Cattelan’s Archive
"Breath Ghosts Blind" von Maurizio Cattelan

Ein programmierter Publikumsmagnet, sorgt doch der Kunst-Provokateur mit seinen ironisch-witzigen Werken weltweit regelmäßig für Schlagzeilen. Ob mit dem Papst, den Cattelan von einem Meteor niederstrecken ließ, dem goldenen Klo oder seiner an die Wand geklebten Banane, die bei der Art Basel Miami um satte 120 000 Dollar verkauft wurde. „Comedian“ betitelte er das Werk, der dem Aktionskünstler David Datuna dann auch noch ein Krönchen aufsetzte, als er sie einfach verspeiste.

"Comedian" von Maurizio Cattelan
"Comedian" von Maurizio Cattelan

Nachdem Maurizio Cattelan nach seiner großen Personale im Guggenheim Museum in New York vor genau 10 Jahren seinen Ausstieg aus der Kunst angekündigt hat, feiert der Hangar Bicocca mit dieser Ausstellung sein Comeback. Keine bitterböse ironische Abrechnung mit den Absurditäten unserer Gesellschaft, wie man es von ihm gewohnt ist, sondern eine düster-zärtliche Erinnerung an die Verletzlichkeit des Menschen.

TV-Beitrag: Ines Mitterer

Links: