Schrecklich schöne Bausünden:
ORF/3B-Produktion GmbH/Andreea Wende
Fasziniert und zugleich beunruhigt stehen wir vor den Giganten unter den Bausünden: Türme, die bis ins Universum ragen und Megastrukturen aus Stahl und Beton. Wie viel Größenwahn steckt in der Architektur?
kulturMONTAG

Schrecklich schöne Bausünden:

Größenwahn

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Der Normverstoß gegen den so genannten guten Geschmack, der Stilbruch, das scheinbar Hässliche: sie sind nicht selten faszinierender und reizvoller als das offensichtlich Gefällige – zumal in der Architektur. Eine vierteilige Doku-Reihe setzt sich mit Bauwerken auseinander, die als architektonische Sündenfälle abqualifiziert wurden, aber heute, aus neuer Perspektive betrachtet, durchaus in ihren Bann schlagen können.In dieser Folge geht es um architektonisches Protzgehabe: höher, weiter, länger - wer hat den Größten?

Schrecklich schöne Bausünden:
ORF/3B-Produktion GmbH/Paul Pflüger
Zur Pariser Weltausstellung 1889 trumpft Frankreich mit einem Superlativ auf

Regisseur Ralf Pleger besteigt eines der ikonischsten Gebäude der westlichen Welt, das einst mit seiner damaligen Rekordhöhe von 330 Metern von Pariserinnen und Zeitgenossen als himmelschreiender Normverstoß betrachtet wurde: der Eiffelturm.

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ORF/3B-Produktion GmbH/Vito Becker
Größenwahn strebt nicht nur in die Höhe, er kann sich auch in die Länge ziehen

Und er sucht die längste Wohnanlage der Welt mit belasteter Vergangenheit auf: das sich über fünf Kilometer hinstreckende ehemalige „Kraft durch Freude“-Seebad Prora auf Rügen.

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ORF/3B-Produktion GmbH/Paul Pflüger
Der Eiffelturm ist ein Publikumsmagnet, eine beliebte Kulisse mit Souvenirwert, ein Superstar, mit dem jeder mal posen will

Die Anmaßung, die Selbstüberschätzung, der Größenwahn: ihnen scheint das Sündhafte genuin eingeschrieben, zumal, wenn sie sich in der Architektur manifestieren. Man denke nur an den Turmbau zu Babel. Hochmut kommt vor dem Fall, unkten einst auch Pariserinnen und Pariser, als ein bis dato undenkbares Projekt Gestalt annahm: Mit der kühnen Stahlkonstruktion des Gustave Eiffel wurde der seinerzeit höchste Turm der Menschheitsgeschichte in die Stadtlandschaft geklotzt – und dies ohne richtige Baugenehmigung.

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ORF/3B-Produktion GmbH/Paul Pflüger
Savin Yeatman-Eiffel, der Ur-ur-ur-Enkel von Gustave Eiffel

Der Eiffelturm sollte nur für die Pariser Weltausstellung von 1889 und einen absehbaren Zeitraum danach die Grande Nation repräsentieren. Doch der Bau entwickelte sich schnell zum Publikumsmagneten und trotzt bis heute ehern Wind und Wetter. Richtig zu Hause fühlt sich hier der Animations-Filmemacher Savin Yeatman-Eiffel. Wenig Wunder: wie schon sein Name vermuten lässt, ist er ein Nachfahre des Ingenieurgenies Gustave Eiffel.

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ORF/3B-Produktion GmbH/Vito Becker
Prora wurde 1936 bis 1939 gebaut, blieb jedoch unvollendet

Wie ein überdimensionierter Kamm zieht sich die Wohnanlage von Prora die Küste Rügens entlang: vorne eine glatte Fassade, hinten auskragende Zinken. Der Blick aufs Meer ist formidabel. Manche Bewohner und Touristen mag beim Einzug in den „Koloss von Rügen“ dennoch ein etwas mulmiges Gefühl beschlichen haben. Das Seebad wurde einst von der Nazi-Organisation „Kraft durch Freude“ errichtet und ermöglichte es 20.000 Menschen gleichzeitig, hier zu urlauben.

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ORF/3B-Produktion GmbH/Chris Valentien
Katja Lucke ist Historikerin und Leiterin des Dokumentationszentrum Prora

Die belastete Vergangenheit wird indes nicht verschwiegen, sondern in einem Dokumentationszentrum aufgearbeitet.

Regie
Ralf Pfleger

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