Am Schauplatz

Der gefährlichste Ort Wiens

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Eine Reportage über das Leben zwischen Reumannplatz und Keplerplatz.

Der Reumannplatz in Wien Favoriten war in den vergangenen Monaten immer wieder in den Schlagzeilen. Die mediale Aufregung ist groß und die Politik hat reagiert. Seit Ostern gilt in der Gegend ein Waffenverbotsgesetz.  Wie reagieren die Anrainer, wie die Platzbesucher und die Gruppen, die sich jeden Tag dort aufhalten? Werden auf dem Keplerplatz, ein paar Meter weiter unten, auch eineinhalb Jahre nach Beginn einer Schutzzone noch Drogen verkauft und konsumiert? Und kann man an diesem gefährlichsten Ort Wiens, wie ihn manche nennen, überhaupt noch normal leben und arbeiten?

Die 56-jährige Favoritnerin Claudia ist Stammgast im Park vor der Kirche am Keplerplatz. „Ich kenne hier jeden. Man braucht keine Angst vor den Leuten haben“, sagt die siebenfache Mutter und ehemalige Prostituierte.

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Angelina ist mit ihrem Verlobten seit zwei Jahren in Wien und hat bisher vor allem schlechte Erfahrungen gemacht. „Ich werde von den meisten Menschen hier diskriminiert, nur weil ich eine Transfrau bin. Was tue ich ihnen denn?“ Ihr Verlobter gerät oft in Schlägereien, weil er sie verteidigt.

„Es ist hier nachts so laut, dass ich im Sommer die Fenster nicht offen lassen kann“, beschwert sich Journalist Dinko, der seit zwanzig Jahren gleich beim Keplerplatz wohnt. „Und wenn Flaschen fliegen, rufe ich die Polizei“. Drogenhandel, Lärm und Schmutz am Platz stören ihn. „Ich lasse mich aber nicht vertreiben“, betont er.

„Was ich gar nicht mag, ist, wenn sie auf die Kirchenwand urinieren“, sagt Pater Matthias, der Pfarrer der Kirche auf dem Keplerplatz. „Das ist immerhin ein Gotteshaus. Im Sommer muss ich mit einem Wasserschlauch alles sauber machen, der beißende Uringeruch ist sonst nicht auszuhalten“, erzählt er.

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Der Pfarrer der Kirche auf dem Keplerplatz, Pater Matthias, bemüht sich um gutes Einvernehmen mit den Menschen, die sich rund um die Kirche aufhalten. Manche kommen in die Kirche, um da zu schlafen. „Was ich aber gar nicht mag, ist, wenn sie auf die Kirchenwand urinieren. Das ist immerhin ein Gotteshaus. Im Sommer muss ich mit einem Wasserschlauch sauber machen, der beißende Uringeruch ist sonst nicht auszuhalten“, erzählt er.

Die 31 jährige Carina Ecker hat Angst. Sie ist Badewartin im Amalienbad auf dem Reumannplatz. „In der Mittagspause habe ich einmal einen zornigen Mann beobachtet, der mit einem Messer herumgefuchtelt hat, daneben mehrere Polizisten“, sagt sie. Die Personalvertreter haben bereits eine Dienststellenversammlung abgehalten und wollen weiter protestieren, bis es mehr Polizeipräsenz vor dem Amalienbad gibt.

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Beim Würstelstand in der Favoritenstraße, gleich beim Keplerplatz, treffen sich immer dieselben Freunde auf ein Bier. Dass es hier früher, vor zwei oder drei Jahrzehnten, besser war als heute, sagen alle hier Versammelten. Zu viele neue Mitbürger, zu wenig echte Gasthäuser, das sind ihre Kritikpunkte.

Am Schauplatz Reporterin Tiba Marchetti und das Kamerateam waren über Monate in Favoriten und haben mit den Menschen, die seit Jahrzehnten am Keplerplatz und Reumannplatz leben und arbeiten, gesprochen. Aber auch mit jenen, die dort in Gruppen abhängen und lautstark miteinander streiten, Alkohol und Drogen zu sich nehmen, auf den Parkbänken schlafen oder dealen.