Landleben

Wurde umbenannt von: Von Lech nach Zürs

Durch die Lechtaler Alpen

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Über den Gipfeln von Lech am Arlberg dröhnen ungewöhnlich warme Klänge, die uns im bergreichen Westen Österreichs begrüßen. Die Lecher Alphornbläser haben ihre übermannshohen Instrumente mitgebracht und schicken vollmundige Töne in die beeindruckende Alpenwelt. Einer der Musiker, Stefan Jochum, erzählt: „Es ist schon ein außergewöhnliches Instrument, das man nicht alle Tage sieht und auch nicht alle Tage hört - es hat schon eine gewisse Tradition, denn die Lecher sind ja Walser. Und die sind vor vielen Jahrhunderten aus dem Wallis hierher gekommen - und Alphorn und Schweiz, das gehört irgendwie zusammen. Und wir haben uns gedacht, warum nicht auch in Lech?!“

Dort, an einem schönen Platz unter der Sonne, an der Talstation des Schloßkopfliftes, steht der Adlerhof. Hier betreibt die Landwirtsfamilie Jochum ihre Milchviehwirtschaft. Familie und Zusammenhalt werden großgeschrieben. Und so wird der Erich als Jungbauer auch eines Tages den Hof übernehmen: „Ein bisschen im Blut hat man das vielleicht schon - schon vom Vater geerbt - der Großvater war begeisterter Landwirt, der Papa ist begeisterter Landwirt - und das ist halt, wo man selber sehr begeistert ist - dass man die Leidenschaft für das Ganze hat.“

Jungbauer Erich Jochum Adlerhof.
ORF/Papke Film
Jungbauer Erich Jochum Adlerhof.

Nur gemeinsam ist die nicht enden wollende Arbeit zu schaffen. Davon kann auch Martin Jochum, Hauptbrandmeister der Ortsfeuerwehr Lech, ein Lied singen. Ohne gegenseitiges Vertrauen ist keinen Flammen Herr zu werden. Ohne helfende Hände hätte er es auch nicht zuwege gebracht, die historische und mit Wasserkraft betriebene Zuger Säge aus ihrem Dornröschenschlaf zu erwecken. Die Liebe zum Holz hat er ein bisschen von seinem Vater Sigi, der noch leidenschaftlich gerne Schindeln von Hand schnitzt. In einer alten Bauernstube sitzend, packt der Sigi die urigen Geschichten um das frühere Leben der Lecher Bauern aus: „Früher hat man das Holz eigentlich am kürzesten Tag geschlagen. Das heißt, man ist praktisch fast, ja, vom 15. Dezember weg ist man in den Wald gegangen und hat Holz geschlagen. Warum? Da ist am wenigsten Wasser im Holz gewesen. Und das hat sich dann auch am wenigsten verzogen, alles miteinander. Und das Holz, das hat man dann trocknen können - und es hat dann am wenigsten gearbeitet.“

Im romantischen Lecher Ortsteil Zug, auf über 1500 Metern Seehöhe, trägt sich das Bergbauernleben von heute zu. Hier, am Waldhof, packt auch Jungbäuerin Barbara Schneider ordentlich mit an. Doch mit ausgeprägter Liebe für das Landleben, lässt sich jede Mühe unbeschwert wegstecken. Wenn sich die junge Bäuerin nicht um ihre Kühe kümmert, marschiert sie als Marketenderin mit der Trachtenmusikkapelle Lech auf: „Das macht eine brutal große Freude, einfach das Beinandersein - und ja - es ist einfach die Gemeinschaft, was da zählt.“ 

Ihr umtriebiger Kapellmeister, der Marc Gusner, weiß nicht nur welche Tonart der Sommer hat - er weiß ihn auch entsprechend zu genießen. Mit seiner Angel am Lechbach zum Beispiel, beim Fliegenfischen. Da hat er die Ruhe weg und den passenden Köder bei der Hand: „Ich glaube, das Fliegenfischen ist der Ausgleich zum Beruf - für die doch sehr spannenden Zeiten - und mit vielen Leuten bei der Musik.“

Und Sport wird rund um den Arlberg groß geschrieben. Auch im Sommer haben die Lecher den Wintersport im Kopf. Denn, so heißt es, „die Erfolge im Winter werden schon im Sommer gemacht“. Die beiden Brüder Daniel und Michael Huber motivieren den ambitionierten Nachwuchs beim Skiclub Arlberg und gehen beim Konditionsturnen mit gutem Beispiel voran. Denn selbst ein halber Klimmzug will erkämpft sein. 

Gitti Birk
ORF/Papke Film
Gitti Birk

Eine wohlverdiente Stärkung danach wären die urtypischen Vorarlberger Käsknöpfli, zubereitet von der Junggastronomin Stefanie Birk. Eines ihrer Leibgerichte. Kein Wunder, dass es dann noch einmal so gut wird. Ihre Mutter Gitti ist die mitunter „stachelige“ Chefin des Familienbetriebs: „Mir taugt immer die Kastanie, weil sie außen stachelig ist und innen doch ganz weich, wenn man sie richtig behandelt. Ja, und das gefallt mir einfach. Weil ich bin nicht immer stachelig, ab und zu muss ich es sein, weil als Chefin in einem Betrieb da musst du dich durchsetzen. Aber im Grunde genommen bin ich eine Weiche.“ 

Auch sie pflegt Regionalität in ihrem Haus. Und so ist es kein Wunder, dass sie das Wagnis von Laurin Jochum schätzt, der dem Landleben eine ganz besondere Würze verleiht: Als Maturaprojekt hat der junge Lecher begonnen, Safran anzubauen, der mittlerweile schon so manchen Genuss-Teller im Ort verfeinert hat: „Am Anfang sind ein paar Leute in Lech gewesen, die mich da belächelt haben, aber das hat sich nachher gleich wieder einmal aufgehoben, weil ich mich dann mit der Zeit relativ gut ausgekannt habe, und jetzt glauben’s mir eigentlich die meisten, dass Safrananbau in Lech funktioniert.“

Lech am Arlberg, Ortskern
ORF/Papke Film
Lech am Arlberg, Ortskern

Und dann ist auch schon Sonntag, und die Arbeit findet ein Ende. Am Dorfplatz vor der Kirche steht Barbara Lankmayer vom Trachtenverein: Kaum jemand ist mit der gepflegten Tradition vor Ort so vertraut wie sie. Und mit ihrem sonnigen Gemüt erklärt sie, was es mit der Tannberger Tracht auf sich hat. Und dass Lech ein wunderbarer Ort zum Leben im Ländle ist: „Wir haben die Bergwelt. Das ist unser Kapital. Das ist einfach das Schönste. Weil, wenn man im Dorf wohnt, ist es so, dass man immer die Gipfel oben sieht. Und manchmal, da muss man einfach hinauf - da brauchst du Weitblick - da brauchst du einen Blick über den Tellerrand hinaus - und das geht nur, wenn du hinauf gehst. Dann wird das Herz groß, und dann denkst du dir: „Mah, ist es bei uns schön.“

Produzent

Christian Papke