LandLeben

Im Pillerseetal

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Tirol hat nächst der Grenze zum Salzburger Land ein gemütliches Kleinod: Das Pillerseetal. Und so schön sich die Natur gibt, so vielfältig malen sich hier die Einheimischen ihr Landleben im bunten Miteinander, das die sommerliche Laune beim Feiern und Macheln regelrecht ansteckt. Die neue ORF-III-Dokumentation von Christian Papke besucht liebenswerte Menschen, die nicht nur beim ureigenen Dorf-Hoagascht zusammenfinden. Auch das 100. Jubiläum des Gartenbauvereins und eine große Hochzeit wollen zelebriert werden.

Unterwegs in einer der einladendsten Ecken Tirols kommt man am Burgwieshof in Fieberbrunn vorbei. Hier steht ein Mann auf der Wiese und schert ein Schaf. „Im Frühjahr mache ich immer meine Schafe, die tu ich selber scheren“, sagt er, der Pletzenauer Josef. Er ist hier der Bauer und ganz besonders stolz auf seine Frau, die Christine, die hier Schule am Bauernhof macht, weil es ihr wichtig ist, den Kleinsten Schönheit und Respekt vor der Natur zu vermitteln. Sie ist gerade beim Himbeerpflücken. „Da machen wir Essig daraus“, erklärt sie. „Ich nehme da einen Weißweinessig her, gebe einen guten Honig von uns hinein, und dann haben wir einen guten Essig für den Winter.“ Auch Tochter Anna hilft schon fleißig mit. Um sie herum gackern die Hühner. „Ein Huhn braucht am Tag ungefähr 120 Körner“, kennt sie den gesunden Appetit ihrer Lieblinge. Später ist der Josef am Schaffest anzutreffen, wo seine vierbeinigen Gefährten auch Wolle lassen müssen. „Das ist gut, dass die Leute einmal sehen, wie ein Schaf die Wolle verliert. Die fällt nicht einfach herunter“, so die Käfel Annemarie, eine Altbäuerin aus der Gegend, die Kaffee und Kuchen inmitten des pfeffrigen Humtatas serviert.

Josef Pletzenauer mit Tochter Anna beim Schafscheren
ORF/Papke Film
Josef Pletzenauer mit Tochter Anna.

Nur einen Steinwurf entfernt, im Dorfcafé, macht sich eine illustre Runde über den neuesten Klatsch her. Ein paar ältere Damen und ein älterer Herr genießen ihren Pensionistentreff, und das nahezu täglich, um sich bei Kaffee und Kuchen über die Neuigkeiten rundherum auszutauschen. „Außer Allerheiligen, Weihnachten und Ostern sind wir immer da“, versichert der Neumayer Manfred. Und seine Hannelore, die heute besonders redselig ist, pflichtet ihm bei: „Ja. Jeden Tag, wenn möglich. Wir haben einmal angefangen vor Jahren, und jetzt können wir fast nicht mehr anders. Das ist regelrecht - wie eine Sucht ist das. Sonst tut man ja vereinsamen.“ 

Heute aber bleiben sie alle nicht besonders lange, denn es lockt der Dorf-Hoagascht. Jeden Freitag spielen hier der Rieder Franz, ein Fieberbrunner Urgestein, an der Klampfe, und der Dankhausen Franz, ein in Tirol picken gebliebener Belgier, an der Quetsche für die gute Laune auf. Doppelt so schön, wenn das Wetter so wie heute passt.

Christine Widmoser und Ursula Fliri an ihren Spinnrädern
ORF/Papke Film
Christine Widmoser und Ursula Fliri

In der Nähe einer Kindergruppe, die mit den Goassbeitl-Bauernbuam ein zünftiges Stück von Hubert von Goisern zum Besten gibt, drehen zwei Damen am Rad: Die Widmoser Christine und die Fliri Ursula praktizieren noch das uralte Handwerk der Spinnerinnen. Sie drehen zausige Schafwolle zu dünnen, kompakten Fäden. Erstaunlich, dass es das noch gibt. „Spinnen ist immer modern. Spinnen passt zu jedem Alter und zu jeder Jahreszeit und zu jeder Frau“, sagen sie, und konzentriert machen sie weiter.  „Wir haben das dann auch angefangen, das Spinnen, weil es so ein tolles Produkt ist. Die Schafwolle ist ein tolles Produkt - das passt zur Region - und was wir auch beziehen können von unseren Bauern. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, dass wir das veredeln, dass wir es weiterveredeln.“ Und beide sind sie überzeugt, dass das alte Handwerk erhalten werden soll. 

Ein paar Schritte weiter treffen wir die Pletzenauer Christine wieder, die uns zum Standl von einer der jüngsten Schnapsbrennerinnen des Landes begleitet. Die Treffer Melanie strahlt hinter den Flaschen voller Klarem heraus. „Man beschäftigt sich fast den ganzen Tag mit Genießen“, und sie weiß, dass man gute Arbeit geleistet hat, wenn der Geschmack nicht enden will. „Wenn ein Schnaps auf der Zunge bleibt, wenn man ihn schon runtergeschluckt hat - und zwanzig Minuten später schmeckt man immer noch die Birne auf der Zunge, dann ist es ein echter Edelbrand - und das echte Destillat, das hat nie eine wahnsinnig extreme Intensität in der Nase - aber es bleibt wahnsinnig lange auf der Zunge - das ist wie ein Kaugummi für Erwachsene.“ Zu Hause am Gaßoidhof pflanzt die Melanie einen weiteren Birnbaum für einen ganz besonders edlen Tropfen. „Die Eigelsbacher Birne - die ist da eigentlich die heimische Birne, die wachst wirklich nur da in der Region - und das ist eine der besten Schnapsbirnen überhaupt. Das ist eine schöne, würzige Birne - da kriegt man einen ganz wunderbaren Schnaps raus - und das ist eben etwas ganz Besonderes, weil dieser Birnenbaum trägt nicht jedes Jahr - deswegen gibt es auch den Schnaps nicht jedes Jahr - und deswegen sind wir relativ schnell ausverkauft.“

Melanie Treffer am Dorfhoagascht
ORF/Papke Film
Melanie Treffer am Dorfhoagascht

Ganz zum Stolz vom Papa Gidi ist sie in seine Fußstapfen getreten. Doch auch wenn der Treffer Gidi beim Schnaps etwas leiser tritt, sorgt er mit seinen Weisenbläsern für stimmige Laune. „Ich bin der Gründer von der Partie vor mittlerweile 25 Jahren - und zwar aus dem einen Grund: Mein Vater war schon Weisenbläser, auch da in Fieberbrunn - da hat es damals die Fieberbrunner Weisenbläser gegeben - und dann habe ich noch ein paar Mander gesucht. Wir sind eigentlich seit 25 Jahren in derselben Formation.“ Heute proben sie für den Hunderter des Obst- und Gartenbauvereins, bei dem sie aufspielen sollen. Ein besonderes Fest auch für den Gidi, weil auch die Imker Jubiläum feiern, und der Gidi auch Bienen hat. Es ist sogar eine neue Bienen-Königin geschlüpft, die noch gezeichnet werden muss, damit man sie erkennen und zuordnen kann.

Auch für den Wechselberger Harald hat die Festivität Gewicht. Ist er doch selbst Mitglied des Obst- und Gartenbauvereins und hat frische Äpfel gepflückt, um sie zur Obstpresse zu bringen. „Also, ich mache die Äpfel dann zum Saft. Jeder, der die Äpfel bringt, kann dann auch seine Äpfel als Saft wieder mit nach Hause nehmen. Das ist genau das, was man heutzutage wirklich Bio nennen kann.“ 

Harald Wechselberger vom Gartenbauverein
ORF/Papke Film
Harald Wechselberger vom Gartenbauverein

Gesellig ist der Gidi auch. Wie sein Freund und Nachbar der Adelsberger Hans. Der Jägermeister, dem die Natur das Wichtigste ist, führt auch sein ganz besonderes Talent vor, aus einem Holzstaberl ein ganz besonderes Mitbringsel zu schnitzen: „Ein Edelweiß schnitze ich da jetzt - weißt eh, heute darf man sie nicht mehr pflücken, weil sie unter Naturschutz stehen - und wir müssen es jetzt dann so machen für die Mädels - weil das ist allweil die Blume bei uns da in Tirol, was den Mädels am Liebsten ist. Das ist eine Liebeserklärung ist das.“ 

Handwerklich geschickt ist auch eine andere Tochter vom Treffer Gidi, die Hasenauer Stefanie. Sie sitzt im Garten und filzt einen Hut. „Ich tu da jetzt die Wolle auf, auf die Holzschablone. Und jetzt Schicht für Schicht die Schafwolle auf. Und das Ganze wird dann mit heißem Wasser und Seife und mit Reibung verfilzt - und es wird dann ein fester Hut entstehen, hoffentlich.“ Aber nicht nur Papa Gidi ist mit den Hutkünsten seiner Tochter zufrieden, auch der Trixl Leonhard, ein Fischzüchter aus der Nachbarschaft, der den Familienbetrieb weiterführt und den hauseigenen Fisch auch selbst räuchernd veredelt. „Unsere Fischzucht hat mein Vater gegründet vor ca. 40 Jahren. Das hat eigentlich alles ganz klein angefangen - wir züchten vom Ei- bis zum speisefertigen Fisch - also komplett regional.“

Und so wie bei Gidi und seinen Weisenbläsern zuvor, aber anders, kann man es auch bei einem echten Handwerksprofi in der Region klingen hören: Der Olivier Wolfgang ist der Glockengießer in Waidring. Und er weiß, worauf es dabei ankommt. „Man musss natürlich Hitze aushalten. Man muss natürlich kreativ sein. Man darf nicht zwei linke Hände haben und ein relativ gutes Gehör sollte man haben, um zu erkennen, wann eine Glocke sehr gut klingt, mittelprächtig oder für den Gebrauch eigentlich gar nicht gut klingt.“

Hochzeitspaar Schwenter
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Hochzeitspaar Schwenter

Die Hochzeitsglocken geläutet, haben für die Schwenter Christine und den Schwenter Anton. Deshalb haben sie auch im Hotel Alte Post alle Hände voll zu tun. „Heute haben wir eine Hochzeit eine große - und da sind wir schon in Vorbereitungen. Machen wir sie glücklich, dass sie eine schöne Feier haben!“, so der Hausherr, der Eder Peter, der gerade ein paar Spinatknödel dreht, während Küchenchef Stefan Brot bäckt und Küchenhilfe Jutta Kartoffeln pellt. Unterdessen füllt sich der Markplatz, und die Braut ist schon ganz aufgeregt: „Wir haben 130 Gäste. Das ist halt auch einiges an Aufwand. Aber das gehört auch dazu.“ Was die hübsche Braut allerdings noch nicht weiß, ist, dass ihre Schwestern eine ganz besondere Überraschung für sie vorbereitet haben. 

Regie

Christian Papke