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Großarl - Tal der Almen

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Das „Tal der Almen“ nennt man es. Das Großarltal im Salzburger Pongau vor den Toren des Nationalparks Hohe Tauern. Finden sich hier doch rund vierzig bewirtschaftete Almhütten. Die Alm- und Forstwirtschaft hat im östlichsten Tauerntal Tradition, die gerne weitergetragen und weitergepflegt wird. Die neue Dokumentation von Christian Papke nutzt den idyllischen Almsommer und besucht besondere Plätze besonderer Menschen, die durch unermüdlichen Einsatz und Liebe zur Region ihr „Tal der Almen“ mit prägen.

Auf über 1.600 Metern findet man auf der Karseggalm die älteste Almhütte im Großarltal. Schon lange ist das über 400 Jahre alte Gebäude aus taleigenem Lärchenholz im Familienbesitz von Willi Gruber. „Die Hütte ist seit über 200 Jahren in der Familie - und wir schauen auch, dass wir sie auch für unsere Jugend so erhalten und weitergeben können. Wir haben ja fünf Kinder - und bei uns ist es momentan so: Es möchte jetzt eigentlich jeder übernehmen. Jeder hat eine Freude an der Landwirtschaft, an der Almwirtschaft.“ Nach alter Tradition käst hier der Senner den typischen Großarltaler Sauerkas in einem großen Kessel über einer offenen Feuerstelle. Immer wieder eine Sensation für die Almbesucher. „Der Knetkäse - das ist halt so eine Einzigartigkeit, die wir da heroben haben. Früher haben sie den bei uns auf den meisten Almen gemacht.“ Wenn gerade nicht gekäst wird, nutzt Altbäuerin Anna Gruber die im Tal einzigartige Glut zur Zubereitung von ihrem beliebten Almmus. „Das essen wir alle Tage. Milch oder einen Kaffee dazu. Das ist unser Almfrühstück.“ Es kann auch gut und gerne sein, dass die Wanderer mit einem Juchaza der Altbäuerin begrüßt werden. „Das Juchazn haben wir gemacht, damit man bei den anderen Hütten gesehen hat, dass die Sennerin heraußen war. Und dass sie gesund war.“

Als Tochter Hof und Alm übernommen hat Bettina Huber. Die junge Mutter ist Sennerin auf der über 1.700 Meter gelegenen Filzmoosalm. Auch hier ist das familiäre Miteinader wichtig, um eine lange Familientradition weiterzupflegen und aufrecht zu erhalten. Während sie frische Almbutter in einer alten Holzmodel zubereitet, bäckt Altbäuerin Christina Huber leidenschaftlich das Almbrot. „Die Oma macht das Brot. Ich mache die Butter oder den Käse. Da ist auch der Familienzusammenhalt ganz wichtig. Bei uns in der Landwirtschaft, da ist eine jede Hand wichtig. Alleine schafft man es nicht.“ Bettina weiß, wovon sie spricht. Auch Töchterchen Magdalena ist gerne auf der Alm und mit den Tieren im Streichelzoo - Ziegen, Kühen, Schafen - unterwegs. „Den Streichelzoo haben wir eigentlich gebaut, dass einfach die Kinder wieder mehr Bezug zu den Tieren kriegen - weil viele kennen leider gar keine oder haben einfach nicht die Möglichkeit, dass sie Tiere berühren, spüren dürfen - und das ist für uns, für die Landwirtschaft ganz wichtig“, erzählt Bettina. Auf der Filzmoosalm hat auch das Pinzgauer Rind eine Heimat. Das ist der jungen Sennerin ein besonderes Anliegen. „Die Pinzgauer Kühe sind schon vom Aussterben bedroht - also ist schon eine seltene Nutztierrasse - und wir finden halt wichtig, dass das erhalten bleibt: Es ist eine österreichische Kuh, es ist eine Salzburger Kuh.“

Grossarler Almgesang
ORF/Papke Film
Grossarler Almgesang

Szenenwechsel: Auf der Viehhausalm haben sich Seniorbauer Silvester Hettegger, sein Neffe, seine Nichte und seine älteste Tochter eingefunden, um miteinander zu musizieren. Gemeinsam bilden sie den Großarler Almgesang. „Wir sind ein Familiengesang. Die Liebe zur Hausmusik ist mir angeboren. Weil das Singen ein Teil meines Lebensinhaltes ist“, erzählt Silvester, dem die Musik quasi in die Wiege gelegt worden ist. 

Die wunderbare Almnatur im Großarltal beflügelte Josef Rettenwenders Idee zu seiner Gebirgsimkerei. „Eine Gebirgsimkerei zu haben, ist schon etwas Besonderes. Weil man mit seinen Bienen auf einer gewissen Höhe - also wirklich im Gebirge steht. Der höchste Bienenstand ist auf der Alm oben, auf 1.800 Meter Seehöhe.“ Josef Rettenwender lebt durch und durch seine Leidenschaft für die Biene. „Ich kenne kein genialeres Wesen als die Biene. Deren einziger Trieb ist, das gesamte Volk überleben zu lassen.  Also, die Biene schaut nicht auf sich selber, sondern schaut immer, dass das gesamte Volk lebt. Dass es dem gesamtem Volk gut geht. Ein gigantisches Tier. Evolution perfekt.“ Eine besondere Spezialität seiner Bienen ist der sogenannte Almrosenhonig.

Etwas anderes als Kühe, wollten auch Sepp und Anna Kreuzer halten. Jetzt verarbeitet das junge Großarler Bauernpaar in seiner Bio-Hofkäserei die Milch seiner Schafe. „Sie sind sehr angenehme, leicht zu handhabende Tiere. Wir haben ja vorher auch nur Kühe gekannt - und sind dann einfach draufgekommen: ein Schaf ist keine kleine Kuh“, erzählt Anna, die, wie ihr Mann, das Käsehandwerk in der Schweiz erlernt hat. Nicht nur dass sie besondere Milch für guten Schafkräuterkäse oder das beliebte Schafmilchjoghurt liefern, sie sind auch selbst sehr eigenwillige Tiere, wie Sepp weiß: „Schafe haben ein sehr feines Gebiss, sehr feine Lippen - die können eigentlich die besten Blätter und die besten Gräser herauszupfen - sie sind viel, viel wählerischer als Kühe.“ Er schmunzelt auch darüber, dass Schafe zuweilen gerne ihr Klischee erfüllen: „Wenn man so ab und zu beim Schaftreiben diesen Schaftrieb nicht richtig einzuschätzen weiß, und sie laufen in die komplett falsche Richtung - und das erste Schaf hüpft über den Zaun - dann denkst du dir bitte nicht - und dann hüpfen aber alle 30, 40 andere auch drüber - dann denkst du dir: Ok, ihr seid wirklich dumm. Von demher passt das Klischee teilweise schon - teilweise - vom dummen Schaf, aber nur teilweise. Meistens ist der Mensch dumm, der das einfach nicht so richtig einzuschätzen weiß, was jetzt notwendig ist, damit sie in die richtige Richtung gehen - weil sie einfach das machen, was man von ihnen will.“ 

Auf dem Streifzug durch die Almen treffen wir Walter Mooslechner. Der Altförster, bekannt als Großarler Urgestein, ist unterwegs zu seinem ganz besonderen Kraftplatz. Durch den Wald geht es an eine Stelle, wo das Wasser nur so über die Steine schießt. „Das da am Ende des Großarltals ist ein geheimnisvoller Platz, wo das Wasser zu Tal stürzt. In schäumender Art und wunderschön - und das ist ein Kraftplatz, der mich fasziniert. Wir wissen, dass ja zwischen 60 und 70 Prozent in uns Wasser ist - ich sage allweil: Ich besuche meinen nächsten Verwandten, wenn ich einmal zu meinem Kraftplatz gehe - wir sind mit dem Wasser eben eng verwandt.“ Nicht nur, dass er die Natur liebt, die er über sein langes Berufsleben hinaus, weiterhin mit aufmerksamer Freude aufsucht. Auch die Musik ist dem engagierten Volksmusikanten eine besondere Leidenschaft. In der gemütlichen Jagastuben seines durch und durch aus Holz bestehenden Hauses packt er seine Knopfharmonika für ein schneidiges Stückl aus. 

Tal der Almen
ORF/Papke Film
Tal der Almen

Auf der auf knapp 1.800 Metern gelegenen Aualm, einer der höchstgelegenen Hütten im Großarltal unterhalb des Schuhflickers, geht Bäuerin Barbara Lainer mit ihren Kindern in die Natur. Heute ist Kräutersammeln angesagt für den hütteneigenen Kräutertopfen. „Ein großes Anliegen ist mir einfach, dass vor allem Kinder und Jugendliche wieder zu den richtigen und gesunden Lebensmitteln greifen.“ 2007 hat sie begonnen, gemeinsam mit ihrem Mann, die Almhütte neu aufzubauen und selbst mit Lärchenschindeln zu decken.  

Wie wichtig die Holzwirtschaft für das Großarltal ist, weiß Revierförster Robert Schilcher. „Man lebt mit dem Wald mit und mit der ganzen Gegend, als wäre es das eigene Eigentum. Das muß man auch so sehen. Ein Baum ist einfach eine Faszination.“ Er nimmt uns mit auf seinen Hochsitz, und wir schauen mit ihm hinein ins idyllische Tal der Almen.