erLesen - Büchermagazin
Diesmal hat Heinz Sichrovsky Psychiaterin Heidi Kastner, Musiker und Autor Clemens Hellsberg und Schriftstellerin Julya Rabinowich in seine Bücherwelt eingeladen.
Dumme Entscheidungen hätten in der Geschichte der Menschheit „schon mehr Schaden angerichtet als alle Waffen, Bakterien und Viren gemeinsam“, schreibt Heidi Kastner in ihrem neuen Buch über Dummheit. Geboren wurde die Idee zu der Abhandlung über dummes Verhalten „durch die jahrzehntelange Begegnung mit dem Phänomen, das einen immer wieder fassungslos macht“, wie die Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie erzählt. Dummheit ist vor allem mal zum einen diese unhinterfragbare Überzeugung, im Besitz der Wahrheit zu sein, und zwar ohne Zweifel. Damit geht auch die anmaßende Position einher, zu allem eine bedenkenswerte Meinung beziehen zu können, ohne sich über das Thema gründlich zu informieren. Der Glaube, eh genug zu wissen, nur wenn man einmal irgendwo etwas gehört hat, und daraus eine Position beziehen zu können, das ist Faulheit oder Indolenz.
Clemens Hellsberg hat ein Buch geschrieben, das auf den ersten Blick rein gar nichts mit Musik zu tun hat. Es ist eine Biografie über seinen Freund Peter Schröcksnadel, die Einblicke in dessen Familiengeschichte erlaubt und einen Blick auf bekannte und unveröffentlichte Initiativen des ehemaligen ÖSV-Präsidenten wirft. Die vielen Facetten dieser außergewöhnlichen Person und Persönlichkeit versucht das Autoren-Duo Clemens Hellsberg, Philharmoniker-Vorstand i. R., und Josef Metzger, Langzeit-Sportchef von „Die Presse“ i. R., in spannender Form aufzublättern. Bach hat für Hellsberg mit der Bewegung im Riesentorlauf einiges gemeinsam: weite Schwünge und Linien, wie er meint.
Hellsberg ist ein Perfektionist - wäre er ÖFB Präsident geworden, er hätte nicht aufgegeben ehe Österreich nicht WM Sieger geworden wäre. Er ist einer, der sich der Vergangenheit stellen will. Auch das Schmerzhafte muss man dann ertragen und darf nicht wegsehen, ist er überzeugt.
Julya Rabinowich ist mit ihrem aktuellen Buch über ein Flüchtlingsmädchen zu Gast. Was braucht es, um in einem neuen Land anzukommen und an die Menschen und das neue Leben anzudocken? Es war ihr wichtig in ihrem neuen Jugendroman das Verbindende vor das Trennende zu stellen. Dummheit sei ihr in den letzten Monaten oftmals begegnet. Sie erzählt über ihre Sperre bei Facebook, weil sie Nietzsches Begriff „Übermensch" verwendet hat. Sie verstieß deswegen gegen die Regeln, da dieser Begriff von den Verantwortlichen als rechtsideologisch eingeordnet wurde.
Bücher der Gäste:
- „Dummheit“, Heidi Kastner
- „Peter Schröcksnadel“, Clemens Hellsberg
- „Dazwischen: wir“, Julya Rabinowich
Neuerscheinungen:
- „Löwenherz“, Monika Helfer
- „Vernichten“, Michel Houellebecq
- „In Flammen“, Paul Auster
- „Die Jahreszeiten der Ewigkeit“, Karl Markus Gauß
- Tischbeinbuch: „Corona-Diktatur“, Monika Donner
Literaturtipp abseits des Neuerscheinungsgetöses:
Dujardin, „Die Lorbeerbäume sind geschnitten“
Quizfrage:
Wie nennt man in der Literaturwissenschaft die von Edouard Dujardin erfundene Erzähltechnik? Wir nehmen die englische und die deutsche Form!
Moderator: Heinz Sichrovsky
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