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Wiener Lifestyle - Knödel, Gulasch, Mazzes (2/3)

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Kaiserin Sisi liebt Ungarn und spricht ausschließlich Ungarisch mit ihren Hofdamen – eine Provokation für das Kaiserhaus, denn die Magyaren gelten als erbitterte Feinde der Dynastie. 1867 kam der Ausgleich mit Ungarn auch nicht aus tiefer Sympathie zustande. Ihm waren erbitterte Kämpfe vorausgegangen. Ungarische Kultur wird in der Hauptstadt daher gezähmt und verniedlicht. Sogar das pikante ungarische Pörkölt wird nur in seiner zwiebelsüß weichgekochten Form in den Kanon der Wiener Küche aufgenommen. Dort läuft es unter dem Namen „Gulasch nach ungarischer Art".

Ungarisches Delikatessengeschäft Ungargasse
ORF/PATRICE FUCHS
Ungarisches Delikatessengeschäft Ungargasse

Gleichzeitig hätte Wien eines seiner wichtigsten Sehenswürdigkeiten nicht ohne einen ungarischstämmigen Entrepreneur: dem umtriebigen Gabor Steiner. Er lässt die enorme Eisenkonstruktion des Riesenrades 1897 im Prater erbauen. Jahre später soll sie wieder demontiert werden, aber dafür reicht sein Geld nicht und auch die Behörden wollen nicht in die Taschen greifen. So steht es bis heute.

Die jüdische Gemeinde in Wien gilt seit Anfang des 19. Jahrhunderts als wohlhabend. Das liegt an den hohen Steuern, die jüdische Bürger zahlen müssen, um sich hier ansiedeln zu dürfen. Trotz ihres Reichtums dürfen sie keinen Grund erwerben, sondern müssen zur Miete wohnen. Erst ab 1860 wird das geändert und die sogenannte zweite Gesellschaft kauft sich überteuerte Baugründe auf der Ringstraße. Während die Familie Schey oder Todesco in ihren Palais sehr assimiliert leben, führen die Ephrassis einen koscheren Haushalt. 

Mit dem Ende der Monarchie wurden in Prag alle deutschsprachigen Schilder unter Jubel abgerissen.
ORF/PATRICE FUCHS
Mit dem Ende der Monarchie wurden in Prag alle deutschsprachigen Schilder unter Jubel abgerissen.

Mit der Landwirtschaftskrise strömen Ende des 19. Jahrhunderts verarmte Kleinhäusler aus dem Osten nach Wien. Der Großteil der galicischen Flüchtlinge sind Stetl-Juden. Sie sind in der Regel frommer als die weitgehend assimilierten Wiener Juden. Die einen sehen auf die armen orthodoxen Neuankömmlinge herab und fürchten, dass durch ihre Gegenwart der Antisemitismus der Wiener erstarken könnte, andere idealisieren ihre Religiösität.

Während es damals in ganz Wien jüdische Wirtshäuser gibt, ist heute kaum noch etwas vom jüdischen Einfluss in die Wiener Küche geblieben. Matzeknödel mit Hühnersuppe sind hingegen in Israel bis heute stark verbreitet – ein Land, dessen Gründervater ein echter Wiener war. Theodor Herzl will erst Massentaufen von jungen Juden im Stephansdom durchführen um sie durch die Assimilation gegen den Antisemitismus zu schützen. Er sieht aber schon um 1900 ein, dass Juden nur in einem eigenen Staat vor Antisemitismus geschützt sein würden.