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Schmerzgrenze. Wie groß ist die Kriegsmüdigkeit?

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Jeden Tag sehen oder lesen wir mindestens eine Nachricht vom Krieg in der Ukraine. Es ist Alltag geworden, seit Wladimir Putin im Februar 2022 einen Angriffskrieg gegen das Nachbarland gestartet hat.

Die mit großen Erwartungen verknüpfte ukrainische Gegenoffensive ist bis auf wenige Erfolge gescheitert. Die Unterstützung des Westens beginnt zu bröckeln. Die blutigen Kämpfe, knapp zwei Tagesreisen von uns entfernt, scheinen mehr und mehr in Vergessenheit zu geraten. Immer öfter fällt der Begriff „Kriegsmüdigkeit“.

Doch wie geht es den Menschen, die unmittelbar vom Krieg betroffen sind? Zwei Jahre an der Front haben die Soldaten in der Ukraine zermürbt. Mütter und Frauen gehen vermehrt auf die Straße und fordern, dass ihre Männer endlich wieder nach Hause können. Auch in Russland regt sich Widerstand, doch offene Kritik an Putins Krieg gegen die Ukraine gibt es wegen der drohenden Repressionen und Haftstrafen kaum.

Korrespondent Patrick A. Hafner trifft im Südwesten der Ukraine Männer, die von Rekrutierungssoldaten aufgegriffen und gezwungen werden, an die Front zu ziehen. Denn der Ukraine geht der Nachschub an Soldaten aus. Zu viele verstecken sich inzwischen aus Angst vor dem Kriegsdienst. Jene, die sich vor zwei Jahren noch freiwillig für den Kampf um die Heimat gemeldet haben, brauchen dringend eine Pause.

Korrespondent Patrick A. Hafner berichtet zum Jahrestag der russischen Großoffensive aus der Ukraine
ORF
Korrespondent Patrick A. Hafner berichtet zum Jahrestag der russischen Großoffensive aus der Ukraine. Nach zwei Jahren Krieg setzt dort jene Zermürbung ein, die der Stellungskrieg mit sich bringt.

Korrespondentin Carola Schneider ist in Russland unterwegs und zeichnet ein Stimmungsbild der Bevölkerung: viele Russen glauben noch immer der Kreml-Propaganda, die den Krieg als Überlebenskampf Russlands gegen den feindseligen Westen darstellt. Manche tragen die Kriegspolitik Putins stillschweigend mit, weil sie darin eine Pflicht für das Vaterland sehen, so wie Ljubow Spis, die um ihren gefallenen 20-jährigen Sohn trauert. Doch all ihren Gesprächspartnern ist eines gemeinsam, sie wünschen sich ein Ende der Kämpfe.

Korrespondent Christian Wehrschütz durfte in Kiew die Trauerfeier für einen 41 Jahre alten Oberstleutnant mit der Kamera begleiten. Er hat dabei auch die beiden Kinder des gefallenen Soldaten getroffen. Die 12-jährige Tochter ist verzweifelt und nur schwer zu trösten. Und so wie dem kleinen Mädchen, geht es vielen im Land. Wie viele ukrainische Soldaten in den vergangenen zwei Jahren gefallen sind, wird von der politischen Führung geheim gehalten.

Korrespondent Christian Wehrschütz mit dem Politologen Lew Bondarenko
Wehrschütz/ORF
Korrespondent Christian Wehrschütz mit dem Politologen Lew Bondarenko

Dass die Siegeszuversicht gesunken ist, ist deutlich spürbar im Land, auch wenn für viele Verhandlungen mit Russland nach wie vor keine Option darstellen.