Wellen der Zeit - 100 Jahre Radio in Österreich
Der Film fragt nach der Bedeutung und Rolle von Radio als erstem elektronischen Massenmedium und seinem Einfluss auf gesellschaftliche Entwicklungen im kulturellen Bereich. Dabei kommen Radiolegenden zu Wort, vergessene Preziosen werden hervorgeholt und die Rolle des Hörfunks als Impulsgeber für Kunst und Kultur wird hervorgestrichen - das aktuelle Radiomachen kommt dabei nicht zu kurz.
1. Oktober 1924 – der Sender „Radio Wien“ der neu gegründeten RAVAG, der Radio Verkehrs AG, nimmt seinen Betrieb auf. Mit Musik von Richard Wagner, aufgeführt von der Künstlerkapelle Silving, erklingt erstmals legal konzessioniertes Radio durch den österreichischen Äther. Nach und nach erweitert sich die Programmgestaltung hin zu Unterhaltung und Information für breitere Zuhörerschichten.
Der Bogen spannt sich vom gemeinsamen Hören in der Familie oder mit Freunden in der Anfangszeit bis hin zur Individualisierung durch tragbare Kofferradios in den 1950er und 1960er Jahren. Mit der Rundfunkreform 1967 schlägt die Geburtsstunde des Jugendradios Ö3. Radio bietet nun Inhalte abseits des Mainstream, Gegenkultur und kritisches Hinterfragen des Establishments haben plötzlich Platz, Radio wird zum Identitätsstifter für junge Heranwachsende.
Nostalgisches wie Aktuelles erklingt hier in harmonischem Zusammenspiel – ein Wiederhören von Klassikern erwartet die ZuseherInnen: „Was gibt es Neues“ mit Heinz Conrads, der „Gugelhupf“ mit Gerhard Bronner, Lore Krainer und Herbert Prikopa, die „Music Box“ mit Wolfgang Kos, „Günther Schifters Schellacks“, „Autofahrer unterwegs“, die Ö3 Top 40 mit Udo Huber, der Sendestart von FM4 mit Angelika Lang und vieles mehr.
Zeitgenössische RadiomacherInnen wie Stefan Gaugusch und Robert Steiner gewähren Einblicke in ihre Arbeit, wenn sie ihre Rateshow „Zwei um zwei“ für die ganze Familie live bei Radio Wien moderieren. Host Miriam Hie begrüßt die ZuhörerInnen von Radio Superfly in ihrer Morning Show. Udo Huber versorgt seine HörerInnen auf Radio Burgenland mit Hits und Evergreens.
Die Dokumentation beleuchtet die musikalischen Programme in den Anfangsjahren – als Radio noch ein reines Life-Medium ist und Musik von eigenen Radiokapellen vorgetragen wird, bis hin zu den Aufführungen des zeitgenössischen RSO, des ORF Radiosymphonieorchesters.
Dass Radio mehr ist als die Übertragung bestehender kultureller Formen, beweisen die Genres, die es originär hervorbringt. Schon bald nach den ersten Versuchen, dramatisierte Geschichten ins Radio zu bringen, entwickelt sich aus diesen Ansätzen ein eigenes Genre, das Hörspiel. Österreichische LiteratInnen wie Ernst Jandl, Elfriede Jelinek und Friederike Mayröcker finden hier eine Möglichkeit, die völlig neue literarische Formen und akustische Ausdrucksmöglichkeiten erlaubt.
Mit der Entwicklung der Technik im Laufe des 20. Jahrhunderts wird das Betreiben einer Radiostation immer einfacher und leistbarer. Das und das Bedürfnis nach Selbst- und Mitbestimmung ist Triebfeder für die sogenannten Piratenradios, die in den 1980er Jahren eigenes Programm illegal senden. Mit dem Fall des Rundfunkmonopols in den 1990er Jahren dürfen schließlich auch kommerzielle, private Anbieter on air gehen.
Heute ist die Radiolandschaft bunt, divers und sicherlich nicht müde – die 100 Jahre sind dem Medium nicht anzumerken. Immer schon hat es sich gewandelt und seine HörerInnen bestmöglich versorgt – mit Zerstreuung, Kontemplation oder Information.
Regie
Heidelinde Neuburger-Dumancic