Weites Land
Vorarlberg
Die österreichische Seele ist ein weites Land. Mit vielen Lichtblicken und so manchen Abgründen. Um den wahren Kern des Landes zu ergründen, muss man tief graben oder den Blick von einem Berggipfel in die Weite richten. Die Reihe der ORF-Kultur versteht sich als mentalitätsgeschichtliche Landvermessung, die in jeder Ausgabe jeweils ein Bundesland auf Klischees abklopft, vermeintlichen Wahrheiten und unwidersprochenen Eigenheiten nachspürt: Wer oder was ist Österreich? Die Summe seiner Bundesländer? Die Geschichte, die sich darin abspielt? Die Kultur, die gelebt wird? Traditionen, Bräuche, Sprache, Kulinarik, Musik? In dieser Ausgabe geht es nach Vorarlberg.
Dächte man sich Vorarlberg als Tier, wäre es eine Gämse: sicher im Tritt im steilen Gelände, leichtfüßig in der Ebene. Nein, man müsse sich das „Ländle“ als Igel vorstellen: nach außen hin borstig, innen aber weich. Vorarlberg sei eine Schnecke, die ihre Fühler ganz schnell einzieht, wenn man ihr zu nahekommt. Dies sind einige der Antworten, die Regisseurin Jennifer Rezny bei ihrer Befragung von Vorarlberger*innen erhalten hat.
Der Fleischermeister Johannes, von allen Jogi genannt, ist vielleicht solch ein Igel: Ruppige Schale, den Rock'n'Roll im Blut und Sanftmut im Blick.
Er bestätigt, dass das Klischee der arbeitswütigen, ehrgeizigen Voralberger*innen durchaus zutreffe, das Credo „schaffe, schaffe, Hüsle baue“ gültig sei. Als Single mit Mitte 30 hinke er dem Vorarlberger Ideal vom Familienleben mit zumindest zwei Kindern gehörig nach. Glücklich mache ihn, wenn er mit seiner Hände Arbeit Fleisch zerlegt und perfekt zubereitet.
Apropos Kulinarik: das Lecher Sonntagsessen bestehe aus Kässpätzle, mit Erdäpfelsalat und Bratkartoffeln. „Also Kohlehydrate, mit Kohlehydraten und dazu Kohlehydrate.“ Das sagt Michael Köhlmeier. Er und seine Ehefrau Monika Helfer sind die beiden Prominenten dieser Ausgabe, die ebenso liebevoll wie kritisch zu ihrer Heimat stehen.
„Was der Herrgott durch einen Berg getrennt hat, soll der Mensch nicht durch ein Loch verbinden“, sagt augenzwinkernd der Pensionist Ernst, der damit den Arlberg-Straßentunnel meint. Das Leben hinter dem Berg vermittle Sicherheit. Und die Illustratorin Monika ertappt sich dabei, dass sie im Bezug zu ganz Österreich von „wir und der Rest“ spricht.
Regie
Jennifer Rezny