'Unser Österreich - Die Universum Sommerreihe'

Universum

Österreich - Land der grünen Grenzen

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Weite Ebenen und enge Gebirgsschluchten, raue Felsgrate und sanfte Hügel, tosende Flüsse und stille Seen. Viel unterschiedlicher können Naturräume nicht sein, trotzdem fügen sich diese Landschaften manchmal zu einem zusammengehörigen Ganzen – zum Beispiel zu jener Linie, die Österreich umgibt und als eigenständigen Staat definiert: zu Österreichs Grenze.

Die 90-minütige „Universum“-Dokumentation „Österreich – Land der grünen Grenzen“ von Gernot Lercher führt in die eindrucksvollsten und gegensätzlichsten Grenzregionen unseres Landes. Manche davon sind laut und stark frequentiert, andere ruhig und vergessen – und diese zählen mitunter zu den spektakulärsten Naturlandschaften in ganz Mitteleuropa: wie der Neusiedler See, die March-Thaya-Auen, die Karnischen Alpen, die hochalpine Region rund um den Piz Buin, der Bodensee oder die Almen im salzburgisch/bayrischen Grenzgebiet. Der Film entstand als Koproduktion von ORF, Interspot Film und BMBF, gefördert von Fernsehfonds Austria, Cinestyria, Land Niederösterreich, Land Vorarlberg, Land Oberösterreich, Burgenland Tourismus, Land Salzburg, Land Kärnten und Cine Tirol.

In opulenten Bildern stellt die „Universum“-Dokumentation österreichische Grenzlandschaften unterschiedlichsten Charakters einander gegenüber und macht sich auf die Suche nach Tieren, die es im Lauf der Jahrhunderte oder auch in den Jahren seit dem Fall des Eisernen Vorhangs über die „grüne“ Grenze in unser Land geschafft haben und zu „Österreichern“ wurden – oder erst langsam werden. Im Rahmen dieser Entdeckungsreise trifft das „Universum“-Team aber auch auf besondere Menschen, die in diesen Grenzgebieten leben – manche von ihnen immer schon Grenzgänger. Andere lernten dagegen erst im Lauf der Zeit die besondere Atmosphäre des Lebens an der Grenze schätzen und wieder andere mussten erfahren, wie unmenschlich und brutal politische Grenzziehung sein kann.

Faszinierende Dreharbeiten

„Eine ‚Universum‘-Dokumentation über Österreich drehen zu können, und das noch dazu in Spielfilmlänge, ist  etwas ganz Außergewöhnliches“, erzählt Regisseur Gernot Lercher: „Mein Ziel war es, Österreichs Grenzraum als verbindenden Lebensraum darzustellen, für Mensch und Tier. Als Ort, den man nicht nur queren kann, am Weg vom einen Land ins andere, sondern der vielmehr einlädt zum Verweilen – ganz einfach weil er beeindruckende und berührende Geschichten erzählt, die es sonst nirgendwo zu hören und zu sehen gibt. Schaut man auf die Weltkarte, ist Österreich ja vergleichsweise klein. Nicht so aber bei ‚näherer Betrachtung‘. Um zumindest zwei spektakuläre Grenzabschnitte in jedem Bundesland vorzustellen zu können, waren wir wohl mehr als 60.000 Kilometer landauf, landab unterwegs – in insgesamt über 80 Drehtagen.

Besonders in Erinnerung blieb Gernot Lercher die Grenzüberschreitung am Similaunpass in den Ötztaler Alpen: „Eine Nacht und einen Tag haben wir dabei Südtiroler Schafherden auf ihrem steilen und gefährlichen Weg durch Eis und Schnee auf die Sommerweiden in Nordtirol begleitet. Oder die Aufnahmen in den verfallenen ungarischen Grenzkasernen, am ehemals Eisernen Vorhang knapp hinter der österreichischen Grenze. Dort hat mittlerweile die Natur die Macht übernommen. Denn so abwechslungsreich und eindrucksvoll die Grenzlandschaften rund um Österreich sind – so ist es auch ihre Natur und Tierwelt. Und die hat vieles zu bieten, womit man hierzulande gar nicht rechnet. Seit kurzem streifen wieder Elche durch die Wälder am Dreiländereck zwischen Oberösterreich, Bayern und Tschechien. Wir konnten sogar ein kleines Elchkalb filmen. An der Grenze zwischen Kärnten und Slowenien haben wir uns ein Bild vom Karawanken-Bären gemacht – und, besonders unterhaltsam: Unweit des meistbefahrenen Grenzübergangs Österreichs, in Kufstein, in einem Nebenarm des Inn, hat sich ein Biber häuslich eingerichtet. Grenzwelten sind also immer auch Tierparadiese. Auch der Neusiedlersee mit seiner bunten und vielfältigen Vogelwelt darf da natürlich nicht fehlen!“

Eine Elchkuh mit Jungem, sie berührt das Kleine sanft mit der Schnauze an der Wange. Im Vordergrund violett blühende Disteln.
ORF/Interspot
Eine Elchkuh im Grenzland zwischen Oberösterreich,Tschechien und Bayern sorgt sich um ihr zwei Wochen altes Kalb

Kriege und Friedensverträge haben bestimmt, wie Österreichs Grenzen zu verlaufen haben. Und erst als der Eiserne Vorhang fiel, konnten jene Grenzen, die einst Todesstreifen waren, zu geschützten Lebensräumen werden: als wichtiger Teil des sogenannten „Grünen Bandes“, das Nordeuropa mit dem Mittelmeerraum verbindet, den Osten Europas mit dem Westen – und damit Wildtieren diese wichtigen Korridore durch den Kontinent freihält. In exakt 2.709 Kilometern läuft das Grenzband rund um Österreich, hält das Land zusammen, verbindet es aber auch mit den Nachbarländern und darüber hinaus mit ganz Europa. Wobei nicht immer sofort klar ersichtlich ist, wo Österreich anfängt oder aufhört. Am Bodensee zum Beispiel: Obwohl Dreiländereck, kennt der Bodensee nämlich keine Grenzen. See ist See – und grenzenlos, nur wer anlandet, muss darauf achten, ob er in Österreich, Deutschland oder der Schweiz seinen Fuß an Land setzt. Einzigartig in Europa. Wer die Menschen und Tiere an Österreichs Grenzen trifft, erkennt bald, wie absurd es ist sich einzuigeln und zu verschließen. Grenzen können viel mehr sein, für viele auch Kraftquelle und Inspiration. Österreichs einzige Fischerin vom Bodensee hat das wohl schon immer so gesehen. Bei ihrer anstrengenden Arbeit erfährt sie Tag für Tag die grenzenlose Freiheit ihres Sees. 

Der Neusiedler See hat im Gegensatz dazu „schwere“ Zeiten hinter sich. Im wahrsten Sinn des Wortes: Um mitten im See eine klare Grenze zwischen Österreich und Ungarn zu markieren, wurden 1945 zigtausende Tonnen Beton in den See gekippt – so lange bis die winzige Insel „B-0“ entstand, als Grenz- und Vermessungspunkt. Ein absurdes Bild für jeden, der im warmen Abendlicht über den Steppensee mit seinen riesigen Schilfgürteln blickt. 

Durch fast alle Bundesländer führt Gernot Lerchers filmische Reise. Allein Wien liegt nicht an einer Staatsgrenze. Doch die „Universum“-Dokumentation folgt nicht einfach stur dem Grenzverlauf. Sie stellt die unterschiedlichen Grenzregionen einander gegenüber, schafft damit immer wieder überraschende Einblicke in die Natur unseres Landes – wie auch in die Geschichte. Und sie blickt auch über die Grenzen zu unseren Nachbarn. Das öffnet die Tür zu einer manchmal auch kuriosen Grenzwelt mit kaum bekannten Regionen, wo es das eine oder andere Mal zu ebenso abenteuerlichen wie berührenden Begegnungen von Mensch und Tier kommt.

Eine Schafherde mit hellen und dunklen Tieren im Hochgebirge, es liegt viel Schnee. Vier Hirten mit Hunden führen die Tiere.
ORF/Interspot
Eine Südtiroler Schafherde vor dem Similaungletscher. Die Passhöhe entspricht der Grenze zwischen Österreich und Italien.

Wenn Schafhirten ihre Herden auf dem lebensgefährlichen Weg über die Alpenpässe von Süd- nach Nordtirol bringen, dann sind sie möglicherweise auf dem Weg unterwegs, den auch Ötzi vor fast viertausend Jahren genommen hat. Im Fall der Schafhirten allerdings mit Happy End! – Trotz aller Herausforderungen.

Die Natur kennt keine Grenzen

Der Film führt auch in die verfallenen Grenzkasernen an der ungarisch-österreichischen Grenze. Einst haben sich hier Welten getrennt, heute sind Stacheldraht und Mauern bereits verwachsen und von Baumwurzeln gesprengt. Die Natur verbindet langsam wieder, was vom Menschen rücksichtslos getrennt wurde. Nur mehr Tiere machen Jagd aufeinander – wie die südrussische Tarantel, eine Spinnenart, die aus Südosteuropa immer weiter nach Österreich vordringt. 

Der Eiserne Vorhang ist längst abgebaut – auch wenn in unseren Köpfen noch so manche „Grenze“ existiert. Tiere sind da neugieriger und unerschrockener. Wenn das eine oder andere Mal ein Elch seine Nase über die tschechische Grenze steckt oder gar ein slowenischer Bär Lust auf österreichischen Honig verspürt, dann ist das für alle Tierfreunde ein erfreuliches Zeichen für Artenvielfalt auch im 21. Jahrhundert und der Beweis, dass die großen Tiere, die noch vor wenigen Jahrhunderten weit über Mitteleuropa verbreitet waren, noch nicht vollkommen ausgerottet sind – und bereit sind zurückzukehren. Ein Europa ohne Grenzen kommt auch diesen Tieren zugute. Der Mensch dagegen hat längst schon wieder freie Bahn durch Europa. Vergessen sind die Zeiten, als der Stau an der Grenze wichtiger Teil des Urlaubs war. Das gilt auch am heute meistbefahrenen Grenzübergang Österreichs, in Kufstein: Hier rollen an Spitzentagen 50.000 Autos zwischen Deutschland und Österreich über den Asphalt. Doch gleich daneben existiert eine Parallelwelt: Hier haben sich die Biber wieder angesiedelt und unweit der Autobahnstation ihre Dämme errichtet. Der Trubel auf der Autobahn lässt den Biber unberührt.

An Österreichs südlicher Grenze wiederum ist kaum vorstellbar, dass in den malerischen Weinbergen der Südsteiermark im Kalten Krieg eine streng bewachte Grenze zu Jugoslawien verlief. Ebenso malerisch auch die schroffen Spitzen der Karnischen Alpen – und schier unvorstellbar die Leiden der Soldaten und die Brutalität der verlustreichen Kämpfe, die hier an der Gebirgsfront des Ersten Weltkriegs geführt wurden. Denn heute sind die markanten Wände der Karnischen Alpen ein Kletter-Eldorado, und nur waghalsige Kletterer schaffen es auf die steilen Felswände rund um den Plöckenpass – und ab und zu ein Braunbär, den es aus Slowenien nach Norden zieht. Für die Bären eine riskante Reise; denn während man in Slowenien gelernt hat, mit den scheuen, aber manchmal eben hungrigen Raubtieren umzugehen, gibt es in Österreich für diese pelzigen Grenzgänger meist nur wenig Toleranz. 

Auch wenn Landesgrenzen in einem freien Europa immer mehr aus unserem Alltag und Bewusstsein verschwinden, sind aber gerade sie es, die Anfangs- und Endpunkte eines Staates setzen. Mag sein, dass allerdings bald auch diese Form der Identifikation mit einem Land Vergangenheit ist.

Eine Sennerin mit rotem Kopftuch sitzt auf einer Holzbank, sie stützt sich auf einen Wanderstock und schaut in die Ferne. Ein Gebirgskamm bildet den Hintergrund. Die Sonne steht tief und wirft lange Schatten.
ORF/Interspot
Sennerin Antonia Ostenrieder geniest die Aussicht im Grenzland zwischen Bayern und Salzburg auf der Kallbrunnalm

Ein bisschen schimmert dies bei den jungen bayrischen Sennerinnen durch, die Sommer für Sommer mit ihren Pinzgauer Kühen auf den Salzburger Kallbrunnalmen verbringen. Oder bei der Gräfin von Hardegg am ältesten Grenzstück Österreichs. Aber auch die Steinböcke im felsigen Montafon an der Grenze zur Schweiz machen den Eindruck als hätten sie ein sehr aufgeschlossenes Verhältnis zu Grenzen – und zwar schon immer.

80 Drehtage und 60.000 Kilometer war Regisseur Gernot Lercher mit seinem Kamerateam für diesen Film landauf, landab unterwegs. Zusätzlich insgesamt 25 Flugstunden mit Hubschrauber garantieren spektakuläre Luftaufnahmen eines Landes, das nur auf den ersten Blick klein und überschaubar erscheint. Das Ergebnis ist dabei ein beeindruckendes Porträt Österreichs, seiner Landschaften und seiner Tiere. Und so manches berührende Porträt einer Grenzgängerin oder eines Grenzgängers.

Gestaltung

Gernot Lercher