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König der Wildnis - Das Tauros Projekt

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„König der Wildnis – Das Tauros Projekt“ ist eine Geschichte über die Auferstehung einer europäischen Ikone. Der Film erzählt von dem ehrgeizigen Versuch, eine ausgestorbene Tierart wieder zum Leben zu erwecken: den Auerochsen.

Wie kein anderes prägte dieses mythische Tier die Landschaft unseres Kontinents. Durch ein groß angelegtes Programm, das mehrere europäische Länder und Universitäten umfasst, soll das ehemals größte Landtier Europas in die Natur zurückkehren - mit Hilfe einer Kombination aus moderner Gentechnik und wissenschaftlichen Zuchtmethoden.

Die Universum Dokumentation „König der Wildnis – Das Tauros Projekt“ ist eine filmische Reise, vom trockenen Spanien bis zur Bergwildnis des Velebit in Kroatien. In opulenten Bildern zeigt Regisseur Michael Schlamberger einige der großartigsten Landschaften Europas. Mit modernsten technischen Mitteln wird das bisher unbekannte Leben eines mythischen Tieres enthüllt. Zum ersten Mal ist zu sehen, wie Auerochsen in der Wildnis leben, wie sie ihre Jungen aufziehen, sich vor Feinden schützen, die Rangordnung innerhalb der Herde festlegen und wie sie noch nach ihrem Tod zum Erhalt ihres Lebensraumes beitragen. Naturfilmer Michael Schlamberger war fasziniert von dem Projekt: „Zwei Jahre lang sind wir durch Europa gereist um ein Lebewesen zu beobachten und zu filmen, von dem wir uns kaum mehr vorstellen können, dass es einst ein echtes Wildtier war. Es war für uns, als würden wir eine neue Art entdecken.“

Ein Tauros-Rind steht in einer Wiese, die Gräser sind trocken und strohig, im Hintergrund sind Bäume zu erkennen.
ORF/Science Vision/Dr. Rita Schlamberger
Durch methodische Rückzüchtung kommt der Tauros seinen mythischen Urahnen Generation für Generation immer näher. Wissenschaftlich gesehen ist er kein Auerochse. Deshalb der Name Tauros - angelehnt an den griechischen Namen für Stier.

Der Film schlägt aber nicht nur geografisch eine Brücke vom äußersten Westen bis zum Osten des Kontinents, sondern verbindet auch die Vergangenheit mit der Zukunft: Vor 30.000 Jahren entstanden die ältesten Kunstwerke der Menschheit in unzugänglichen Höhlen in Frankreich. Sie zeigen das für unsere Vorfahren bedeutendste Tier, den Auerochsen. Heute wird in futuristischen Hightech Labors an der Rückkehr des „König der Wildnis“ gearbeitet.

Wahrheit und Mythos

Ende der letzten Eiszeit ähnelte Europa der afrikanischen Savanne. Millionen von pflanzenfressenden Riesen zogen über offene Grassteppen. Ein Tier unter ihnen war größer und stärker als alle anderen. Mit einer Tonne Körpergewicht und mächtigen Hörnern war es selbst für große Raubtiere wie Löwen, Bären und Wölfe unangreifbar. Als man es tausende Jahre später Bos Primigenius – Ur oder Auerochse nannte, rankten sich um das Tier bereits zahlreiche Mythen. Als Minotaurus wurde es beispielsweise in der Minoischen Hochkultur verehrt.

Auerochsen teilten ihr Territorium friedlich mit Wisenten, Wildpferden und Hirschen. Die Herden fraßen nicht nur Gras, sondern auch Blätter von Büschen und Bäumen - nebenbei düngten ihre Ausscheidungen das Erdreich, die schweren Hufe lockerten den Boden. So hielten sie die Landschaft und wichtige Wasserlöcher offen. Pflanzensamen wanderten durch ihren Verdauungstrakt und wurden über viele Kilometer verbreitet. Damit hinterließen die Riesen ein unschätzbar wertvolles Vermächtnis: eine Artenvielfalt, die nur auf offenen Flächen gedeihen konnte.

Bis zum Aussterben gejagt

Das geschah lange bevor der Mensch in Europa auftauchte. Niemand konnte den riesigen Landtieren bis dahin gefährlich werden. Den effizienten zweibeinigen Wesen jedoch war selbst der mächtigste Bulle wehrlos ausgesetzt. Die Kolosse wurden zur begehrten Jagdbeute. Aber der Druck auf die Art wurde noch größer: Unseren Vorfahren gelang es, den Auerochsen zu zähmen. Der König wurde zum Untertanen. Das war der Anfang von seinem Ende als Wildtier. Gejagt, verfolgt und durch domestizierte Tiere von seinen Weidegründen vertrieben, musste er sich in unwirtliche Gegenden zurückziehen. In vorchristlicher Zeit boten Sümpfe und Auwälder Schutz vor der vorrückenden Menschheit. Im Mittelalter lebten nur noch wenige in den Wäldern des heutigen Polens, bis 1627 auch das letzte Exemplar starb.

Auerochse 2.0 – Neues, altes Wildtier

Doch gerade durch die Domestizierung wurde der Auerochse zu einer der erfolgreichsten Arten auf der Erde. Heute gibt es rund 1,2 Milliarden Kühe auf dem Planeten, somit zählen die Nachkommen des Urs zu den am häufigsten vorkommenden großen Säugetieren. Unter diesen gibt es noch ursprüngliche Rassen, auf die das Tauros Programm aufbaut.

Zwei alte, weiße Männer stehen im Labor. Jener links (Ronald Goderie) trägt ein beiges Hemd und hat eine Glatze, seine Hände hat er in den Hosentaschen. Der rechts Stehende (Richard Crooijmans) hat graue Haare, trägt einen blauen Laborkittel und blickt auf die Unterlagen in seinen Händen. Der Mann links schaut zu seinem Kollegen.
ORF/Science Vision/Michael Schlamberger
In diesem Labor soll ein uralter Traum Wirklichkeit werden. Ronald Goderie, der Leiter des Taurus Programms und der Molekular-Genetiker Richard Crooijmans wollen ein ausgestorbenes Tier zum Leben erwecken - mit einer Kombination aus moderner Gentechnik und wissenschaftlichen Zuchtmethoden.

Ronald Goderie, der Leiter des Tauros Programms und der Molekulargenetiker Richard Crooijmans wollen mit Hilfe solch ursprünglicher Rassen ein ausgestorbenes Tier zum Leben erwecken. Was wie Science Fiction klingt, ist im Prinzip bestechend einfach: Auerochsen sind ausgestorben, aber ihr genetisches Material ist lebendig geblieben. Und so sollen jetzt moderne Gentechnik und wissenschaftliche Zuchtmethoden helfen, dem „König der Wildnis“ eine zweite Chance zu geben. In einem Schutzgebiet im niederländischen Brabant entsteht auf diese Weise, Generation für Generation, ein neues Wildtier. Obwohl dieses Tier seinen mythischen Vorfahren immer näher kommt, ist es - wissenschaftlich gesehen - kein Auerochse. Deshalb wurde ihm der Name Tauros gegeben – angelehnt an den griechischen Namen für Stier.

Born to be wild

Ronald Goderie und seine Mitstreiter sind keine Nostalgiker, die ein ausgestorbenes Tier nur um seiner selbst willen wieder zum Leben erwecken wollen. Ihr Ziel ist, dass die Tauros-Rinder in weiten, offenen Wildnisgebieten dem Artensterben und der Klimakrise entgegenwirken.

Allein in der EU werden jedes Jahr eine Million Hektar Land von Viehhirten und Bauern aufgegeben. In drei Jahren entspricht das der Fläche von Belgien. Da mit den Menschen auch die domestizierten Weidetiere verschwinden, führt das zu einem ökologischen Desaster. Tausende Arten, die von natürlicher Beweidung und offenem Land abhängig sind, werden verloren gehen.

Um diese Entwicklung aufzuhalten, werden seit einigen Jahren rückgezüchtete Auerochsen in verschiedenen europäischen Schutzgebieten ausgewildert. Was es aber bedeutet, frei und wild zu leben, konnte das Filmteam bei den Dreharbeiten in der Lika-Hochebene am Fuße des Velebit Gebirges in Kroatien hautnah miterleben.

Drei Kälber im Vordergrund, hinter ihnen grasen zwei erwachsene Tiere. Die Landschaft ist in Morgenlicht getaucht, sie besteht aus Büschen, kleinen Bäumen und grünem Bewuchs, einige Felsen liegen dazwischen.
ORF/Science Vision/Dr. Rita Schlamberger
In der kroatischen Lika Hochebene wachsen Tauros Kälber wild und frei auf

Regisseur Michael Schlamberger: „Auf den ersten Blick schien diese Gegend ein idealer Ort für die Tiere zu sein, die aus Holland hierhergebracht wurden. Doch sie waren an die Gefahren einer solchen Wildnis noch nicht gut genug angepasst. Immer wieder stießen wir im Morgengrauen auf Tiere, die in der vergangenen Nacht von Wölfen totgebissen wurden. Kein einziges der Kälber, die im ersten Frühjahr zu Welt kamen, lebte am Ende des Sommers noch. Die Herde musste erst lernen, sich gegen Angriffe großer Raubtiere so erfolgreich zu verteidigen, wie es ihre Vorfahren taten.“

Zurück in die Zukunft

Vor unseren Augen verändert sich die gesamte Landschaft in rasantem Tempo. Menschen ziehen in Städte und Metropolen. Nahrung wird auf immer geringeren Flächen produziert. Äcker werden aufgegeben. Mit intensiver Landwirtschaft verschwindet Biodiversität. Die Rückkehr der Auerochsen hingegen ist Teil einer großen, europäischen Geschichte: Wildnis wieder auf diesem Kontinent zulassen. Obwohl heute weitaus mehr Menschen auf unserem Kontinent leben als noch vor 100 Jahren, wird auch verstärkt wieder den Tieren ihr Platz eingeräumt.

Filmemacher Michael Schlamberger blickt hoffnungsvoll in die Zukunft: „Wildtiere kehren in viele Gegenden zurück. Wer dachte vor 20 Jahren, dass sich der Wolf in fast allen europäischen Ländern wieder ansiedelt, der Bestand an Bären sich vergrößert und Elche ihre Verbreitung ausdehnen? Wenn wir uns für ein naturnäheres, wilderes Europa nachhaltig aussprechen würden, wäre der Auerochse dafür ein perfektes Symbol.“

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