Universum

Polen - Europas wilder Osten

Werbung Werbung schließen

Schier endlose Wälder, weite Sumpflandschaften und unzählige Seen: Das ist Polens wilder Osten.

Kaum ein Land in Europa hat mehr wilde und unberührte Lebensräume zu bieten als Polen. Der Białowieża-Urwald an der Grenze zwischen Polen und Weißrussland gilt als der letzte verbliebene Urwald der gemäßigten Zone. Zwischen jahrhundertealten Eichen leben im UNESCO-Weltnaturerbe die größten Landsäugetiere Europas: Wisente. Im Nationalpark Biebrza bilden die beiden Flüsse Biebrza und Narew eines der größten Flusssysteme Europas. Mit neuester Kameratechnik stellen die preisgekrönten Tierfilmer Jens Westphalen und Thoralf Grospitz in der „Universum“-Dokumentation „Polen – Europas wilder Osten“ (ORF-Bearbeitung: Doris Hochmayr) die unglaublich vielfältige und immer noch wilde Natur Polens vor.

 Unberührtes Naturjuwel

Im Osten Polens gibt es sie noch – kaum berührte Wälder, Wiesen und Aulandschaften. Im Urwald von Białowieża an der Grenze zu Belarus durchstreifen nicht nur Elche und Rothirsche das lichtdurchflutete Buschwerk im Schatten der dichten Baumkronen, hier haben sogar 1.500 Wisente, die letzten Wildrinder Europas, ein sicheres Zuhause. Wölfe und Luchse dürfen ausgedehnte Reviere beanspruchen, Moore gelten nicht als wirtschaftlich unnützes Brachland.

Ein Luchs, vesteckt im Unterholz des Waldes.
ORF/NDR Naturfilm/Zorillafilm/Jens Westphalen & Thoralf Grospitz
Luchse sind scheu und heimlich. Man bekommt sie fast nie zu sehen. Vielleicht 300 von ihnen leben in Polen. Wenig, aber immerhin doppelt so viele wie in Deutschland, Tendenz steigend.

Die Flussniederungen von Biebrza weiter nördlich bilden den größten Nationalpark Polens. Fischotter und Biber wohnen am mäandernden Fluss, Frösche und Wasservögel besetzen die üppig bewachsenen Ufer. Ein Artenreichtum, der seinesgleichen auf dem europäischen Kontinent bereits intensiv suchen muss. Diese grünen Juwele geraten mehr und mehr in Bedrängnis. Neue Autostraßen, intensive Landwirtschaft und die aktuell wieder aufflammende Wichtigkeit nationaler Grenzziehungen umzingeln die intakte Welt der wertvollen ursprünglichen Naturregion. 

 Die Erfolgsgeschichte des Wisents

Der Winter im Urwald von Bialowieża ist unerbittlich – minus 20 Grad sind keine Seltenheit. Gerade recht für das größte existierende Landsäugetier Europas – den Wisent. In kleinen Herden von etwa 20 Tieren durchforsten diese letzten Vertreter der robusten Wildrinder die Waldlichtungen, um unter der Schneedecke nach Kräutern und Gräsern zu suchen. In den 1930er Jahren stand der Wisent vor dem Aussterben. Nur eine Handvoll Exemplare überlebte in Gefangenschaft. Sie bildeten den Grundstock für ein ambitioniertes Zuchtprogramm. 1952 wurden die ersten Wildrinder im heutigen Nationalpark Bialowieża ausgewildert. Heute leben hier mehr als 1.500 Wisente. Eine Erfolgsgeschichte – die seit Kurzem mit einem neuen Problem zurande kommen muss: die Grenze zwischen Polen und Belarus hat neue Wichtigkeit erhalten. Ein dicker Zaun zerschneidet nun mancherorts den Nationalpark, der sich auf beiden Seiten der Grenzziehung erstreckt. Mit ungewissem Einfluss auf die fragile Wisent-Population, deren Bestand von diesem Urwald abhängt. Überdies hat sich in den vergangenen Jahrzehnten bestätigt, wie zuträglich der Wisent für diesen Landschaftstyp tatsächlich ist: stetiges Äsen hält die Waldlichtungen offen und sorgt in der Folge für den Erhalt unterschiedlicher Lebensräume, die alle gemeinsam den Charakter des sogenannten Tiefland-Waldes bilden. Diese spezielle Urwaldform ist europaweit nur noch im Osten Polens in dieser Größe erhalten. Ebenso wie der Wisent haben auch Elche und Rothirsche hier keine natürlichen Feinde – sofern sie erwachsen und gesund sind.

Ein Wolf mit dichtem Winterfell im verschneiten Wald.
ORF/NDR Naturfilm/Zorillafilm/Jens Westphalen & Thoralf Grospitz
Auf der Suche nach Futter kommen die Wölfe im Winter, besonders bei starkem Schneefall, auch an die Dörfer heran. Allerdings hat man sich arrangiert. Übergriffe auf Menschen sind hier quasi unbekannt.

Wölfe stellen Jungtieren und Schwachen nach. Sie halten die Wildbestände in Balance. Mit dem Menschen, der an den Rändern der Schutzgebiete in Dörfern wohnt, kommen sie so gut wie nie in Konflikt. Polens wilder Osten ist ein Vorzeigebeispiel friedlicher Koexistenz.

 Der größte Nationalpark Polens

Die Biebrza-Flussniederung nördlich des Waldgebietes ist ein Paradies anderer Güte. Gut 100 Kilometer schlängelt sich das Gewässer durch die ebene Landschaft, ein Torfmoorgebiet von seltener Ursprünglichkeit. Hier finden die größten Nagetiere Europas, die Biber, und ihre ungleichen Nachbarn, die Fischotter, ideale Bedingungen für ein artgerechtes Leben.

Ein Fischotter steht bis zur Brust im Wasser, hinter ihm ist das Ufer des Flusses mit bemoosten Wurzen und Steinen erkennbar.
ORF/NDR Naturfilm/Zorillafilm/Jens Westphalen & Thoralf Grospitz
Fischotter bewegen sich elegant, schnell und lautlos durchs Wasser. An der Biebrza kann man sie mit Glück auch mal an Land sehen, da sie hier noch recht ungestört ihren Aktivitäten nachgehen können.

Der enorme Fischreichtum und dicht bewachsene Ufer ziehen auch zahlreiche Wasservögel und Amphibien an. Die scheuen Schwarzstörche suchen nach Fröschen und kleinen Fischen, Trauerseeschwalben balancieren auf ihren schwimmenden Nestern, die an stabilen Wasserpflanzen verankert sind. Blaukehlchen, aus Afrika kommend, finden sich zu Brutpaaren zusammen. Kampfläufer betreten die Balzarenen zu Schaukämpfen, um die Weibchen zu beeindrucken. Es ist ein Sumpfgebiet wie aus dem Bilderbuch und deshalb seit einem Vierteljahrhundert zum Naturschutzgebiet erklärt.

Audiodeskription gefördert von VGR GmbH