Sommerfrische - Reisen wie zu Kaisers Zeiten
In der Habsburgermonarchie machte man nicht einfach Urlaub, man fuhr auf Sommerfrische. Diese oft wochenlange Erholung auf dem Land, am See oder am Meer war eine Spezialität des alten Österreich.
Das „Fin de siècle“ wurde zum Höhepunkt der Sommerfrische. Man reiste mit den Annehmlichkeiten der Stadt aufs Land, um dort wie in einem Freiluftsalon die Vorzüge von gut gepflegter Natur und urbaner Geselligkeit miteinander zu verbinden. Man schwärmte von Triest, von der Riva in Pola und vom milden Klima Abbazias. Damals entdeckte man den Lago di Garda, den Wörthersee und eroberte die Gipfel der Alpen. Das Reisen im alten Österreich war untrennbar mit der verkehrstechnischen Erschließung des Großreichs verbunden.
Das Salzkammergut gilt als literarische Sommerlandschaft par excellence. Besonders Altaussee steht bis heute im Ruf eines Dichterwinkels. Gudrun Suchanek verwaltet in ihrer Buchhandlung das literarische Erbe der Gegend.
Wenn Komponisten Urlaub machten, suchten sie meist nach Inspiration und Ruhe. Als kreative Refugien dienten ihnen gerne Seebäder, Komponier-Häuschen oder ein abgelegenes Waldhaus. Gerne bedienten sie dabei das Klischee des genialen Eremiten, auch wenn so mancher von ihnen den Freuden des Lebens nicht abgeneigt war.
Johannes Brahms war einer jener Komponisten, die ihre produktivsten Zeiten während ihres Urlaubs hatten. Einige seiner berühmtesten Werke komponierte er in Pörtschach am Wörthersee. In überschwänglicher Diktion hatte er dem Wiener Kritikerpapst Eduard Hanslick über den Wörthersee geschrieben, „... am Wörthersee... da fliegen die Melodien einem zu, dass man sich hüten muss, keine zu treten“.
Die Sommerfrische - der Historiker Hanns Haas nennt sie eine „verlorene touristische Kulturform“ - war keine „Verabredung mit dem Fremden“, sondern bot Kontinuität und bezog ihren Reiz aus der Wiederkehr des Vertrauten. Wo früher mondänes Leben und zeitgemäßer Chic dominierten, begegnet uns heute mitunter nur noch milde Patina. Aber es gibt sie noch, die Orte und Landschaften, wo trotz moderner Technik versucht wird, das Flair vergangener Tage zu erhalten.
Gestaltung
Gernot Stadler
Björn Kölz