Rudolf Nurejews Schwanensee
Unglaubliche 89 Vorhänge und ein entsprechender Eintrag im „Guinness-Buch der Rekorde“ zeugen von der Ballettgeschichte, die am 15. Oktober 1964 in der Wiener Staatsoper geschrieben wurde. Es handelte sich um eine Aufführung von „Schwanensee“ in der Choreografie des russischen Tänzers Rudolf Nurejew, der auch die männliche Hauptrolle des Prinzen übernahm - und das im Alter von 26 Jahren.
Seine Partnerin war die 45-jährige britische Primaballerina Margot Fonteyn. Weniger als zwei Stunden später endete die weltberühmte Liebesgeschichte nicht mit dem traditionellen Happy End, sondern mit dem Tod des Prinzen. Mit seiner Version von Peter Iljitsch Tschaikowskys Ballettklassiker wurde Rudolf Nurejew zur Tanzikone des 20. Jahrhunderts.
Seine Choreografie für das Wiener Staatsopernballett ist eine der erfolgreichsten aller Zeiten. Bis heute wird die technisch äußerst anspruchsvolle Choreografie von den Generationen nach Nurejew mit Ehrfurcht getanzt.
In seiner Neuinterpretation von Tschaikowskys „Schwanensee“ revolutionierte Nurejew die Rolle des männlichen Tänzers: Nurejew wollte nicht länger nur Pas-de-deux-Partner sein und die Primaballerina Margot Fonteyn in die Luft heben, sondern ihr ebenbürtiger Gegenpart sein. Trotz des großen Altersunterschiedes manifestierten die beiden ihren Ruf als epochales Traumpaar des klassischen Spitzentanzes.
Nurejews „Schwanensee“-Deutung zeigt nicht nur ein tiefes Verständnis für Tschaikowsky, dessen Homosexualität ihn von der rigiden Gesellschaft entfremdet hatte, sondern trägt auch autobiografische Züge. Nurejew hatte selbst den Schmerz der Entwurzelung, der Einsamkeit, des Verlusts geliebter Menschen und der Auflehnung gegen gesellschaftliche Konventionen erfahren, was den ebenfalls homosexuellen Tänzer dazu veranlasste, 1961 als erster Künstler aus der Sowjetunion in den Westen zu fliehen - ein Akt des Mutes, der ihm sofort internationale Berühmtheit einbrachte.
Die Dokumentation lässt die legendäre Choreografie mit frischem Blick Revue passieren und macht die Faszination des Ereignisses spürbar. Menschen aus Nurejews Umfeld und Tanzstars von heute, wie etwa der Choreograf Eric Gauthier oder die Primaballerina Polina Semionova, kommentieren das Ereignis, geben persönliche wie künstlerische Einblicke in Nurejews Schaffen und blicken aus heutiger Sicht auf den Künstler und sein Werk zurück.
Regie
Anne-Kathrin Peitz