Zur OSCAR Verleihung am 27.3.2022: dokFilm

Nackt! Hollywood zwischen Prüderie und Provokation

Skin. A History of Nudity in Films

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Die Bilder hatten noch nicht so recht laufen gelernt, sondern erst einige holprige Schritte gemacht, da war schon die Idee geboren, nackte Haut auf Zelluloid zu bannen. Und schnell war klar: damit lässt sich sehr viel Geld verdienen. Die Doku „Nackt. Hollywood zwischen Prüderie und Provokation“ zeichnet ein Sittenbild der US-Gesellschaft im Spiegel der Traumfabrik. Aufgrund der oft sehr gewagten Spielfilme der 1920er-Jahre ging ein Aufschrei durch den erzkonservativen Bible Belt. In der Folge unterwarf sich Hollywood mehr als 30 Jahre lang einer rigiden Selbstzensur – die in den späten 60ern nicht mehr zu halten war. Oft vom europäischen Kino inspiriert, wurde Nacktheit zusehends enttabuisiert. Heute sorgen Intimitäts-Koordinator*innen dafür, dass keine Grenzen überschritten und die #metoo-Regeln eingehalten werden, wenn vor der Kamera die Hüllen fallen.

Filmplakat von "Nackt! Hollywood zwischen Prüderie und Provokation"
ORF/Palatin Media

So hatte das Thomas Alva Edison nicht geplant: der Erfinder hatte in den USA eine derartige Marktmacht, dass er ein Patent auf Filmkameras und Projektoren erhielt, was ihm ermöglichte, Lizenzgebühren auf Produktion und Vorführung von Filmen einzuheben. Ein Zusammenschluss unabhängiger Filmschaffender versuchte der übermächtigen Konkurrenz etwas entgegen zu halten. Am lukrativsten erwiesen sich Filme, für die das populäre Aktmodell Audrey Munson engagiert wurde. Da sie in statuesken Posen verharrte, ließ sich argumentieren, es handle sich um Kunst-Filme.

Mariel Hemingway
ORF/Palatin Media
Mariel Hemingway

In der Folge wurden Filmschaffende kühner, in dem aufwendig produzierten Spielfilm „Wings“ aus dem Jahr 1927, kam es zum ersten schwulen Filmkuss und Clara Bow, erstes „It-Girl“ der Geschichte, entblößte ihre Brüste. Und Hollywood bekam ein Image-Problem. Das kann sich ein auf Gewinnmaximierung ausgerichtetes Unternehmen nicht leisten. Die Produzenten einigten sich darauf, sich freiwilliger Selbstzensur zu unterwerfen.

Sean Young
ORF/Palatin Media
Sean Young

Mit dem Production Code des republikanischen Politikers Will Hays galt ab Mitte der 1930er-Jahre: Nacktheit ist tabu. Allein zu suggerieren, es könnte sich eine nackte Person im selben Raum aufhalten – selbst wenn sie gar nicht zu sehen war – war verboten. Mehr als drei Jahrzehnte war der Kodex in Kraft. Immer öfter führte er sich selbst ad absurdum und schließlich wurden mit der Flower-Power-Bewegung Frieden und Liebe – und nicht bloß die platonische – propagiert. Der Hays-Code war damit Geschichte.

Malcolm McDowell
ORF/Palatin Media
Malcolm McDowell

Mit „Asphalt-Cowboy“ war es 1969 das erste “ Oscar“-gekrönte Film-Drama, in dem Nacktszenen zu sehen waren. Im Kultfilm „The Last Picture Show“ zog sich Cybill Shepard aus und knapp ein Jahrzehnt später zeigte Julie Andrews in „S.O.B.“ ihre Brüste. Man stelle sich vor: Mary Poppins – nackt! Nicht immer sind Regisseure mit ihren Darstellerinnen sorgsam umgegangen, oft wurden Grenzen ausgereizt oder überschritten. Heute gibt es Intimitäts-Coaches, die ganz genau darauf achten, dass Nackt- und Sexszenen seriös und sensibel umgesetzt werden.

Zu Wort kommen in der Doku unter anderen Mariel Hemingway, Sean Young und Malcolm McDowell, der sich für eine ganze Reihe an Rollen ausgezogen hat.

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