Mein Bozen
Auftakt mit einer neuen Folge zur populären, sommerlichen Bezirke- und Landeshauptstädte-Reihe. Erstmals geht es ins benachbarte Ausland – in jene Region, mit der Österreich historisch, kulturell und realpolitisch zutiefst verbunden ist: nach Südtirol oder genauer gesagt in dessen Landeshauptstadt Bozen und ihr Umland.
Regisseur Felix Breisach trifft dort außergewöhnliche Zeitgenoss*innen: Veronika Riz entstammt einer Familie, die über Generationen Weinbau und Apfelanbau betrieben hat. Ihr Vater Roland Riz wirkte als Politiker maßgeblich am vielgelobten Autonomie-Status von Südtirol mit. Sie aber schlug einen künstlerischen Weg ein und widmete sich als Tänzerin und Choreografin dem Zeitgenössischen Tanz. Andreas Pfeifer, langjähriger und profilierter ORF-Auslandskorrespondent hat in seiner Volksschulzeit noch die Segregation italienischer und deutscher Kinder erlebt. Er erzählt von der oft gewaltvollen Geschichte des Landes. Martina Schullian veredelt ihren Betrieb mit Kunst und Kultur. In ihrer Gärtnerei, die auf alte Sorten spezialisiert ist, richtete sie ein Museum ein.
Wenn Andreas Pfeifer nach Bozen kommt, spricht er nicht von seiner Heimatstadt, sondern von seinem Heimatdorf und meint damit den Stadtteil Gries. Einst ein international bekannter Kurort, wurde das Dorf in der Zeit des Faschismus eingemeindet. Doch so wie der Kirchturm eigentlich ein alter Wehrturm ist, zeigt sich Gries widerständig und wehrt sich mit seinem ländlichen Charakter gegen die Urbanisierung. Mussolini wollte Südtirol zu einer italienischen Provinz machen. Zu einem steinernen Manifest des Faschismus wurde das Siegerdenkmal, dass die Gemüter heiß laufen und die Südtiroler Schützen jahrzehntelang aufmarschieren ließ. Heute beherbergt es ein Dokumentationszentrum und ist historisch kontextualisiert. Lange ging eine Demarkationslinie durch die beiden Ethnien Südtirols. Jahrzehntelang erschütterten Attentate von Separatisten das Land.
In der Volksschule wunderte sich Andreas Pfeifer, warum er im Pausenhof nie auf italienische Kinder traf – bis er erfuhr, dass die Pausenpläne so gestaffelt waren, dass die beiden Volksgruppen ja nicht aufeinanderträfen.
Heute gilt Südtirols Autonomie als exemplarisch und wird international als best practice-Beispiel gelobt. Der Politiker Roland Riz war in sämtlichen Kommissionen aktiv, die letztlich zur Durchsetzung des Status führten. Die Familie bewirtschaftet für die Landschaft so charakteristischen Weingärten und Apfelplantagen.
Auch wenn Veronika Riz bisweilen aus reinem Spaß bei der Ernte half, drängte es sie zum Tanz. 1985 öffnete sie ihr Tanzstudio, das sie 30 Jahre leitete und in das sie für „Mein Bozen“ zurückkehrt. Der Wein ist ihr nicht ganz abhandengekommen, ist doch ihr Mann Winzer. Von der Kunst des Weinmachens verstünde sie nicht, aber einen guten Schluck verwehrt sie nicht. Überhaupt: das Kulinarische darf in dieser Sendung nicht fehlen. Veronika Riz verrät Regisseur Felix Breisach ein altes Familienrezept für Gnocchi.
Hoch hinauf ins Bozener Umland geht es mit der Gärtnerin Martina Schullian. Dort auf 2.000 Höhenmetern, rund um das Gipfelkreuz des Schöneck wachen 100 Stoarnernen Mandln – Steinmänner, kunstvoll aus Bruchgestein aufgetürmt.
Ob es sich um eine alte Kultstätte für Hexen handelt oder einfach um einen Wegweiser für die Wandernden, ist nicht so ganz gewiss. Ein besonderer Kraftort ist es allemal. Schullians Vater war ein Pionier des Gartenbaus, Martina übernahm seinen Betrieb, modernisierte ihn und baute ihn aus.
150 alte Geraniensorten gedeihen hier. Ein Glashaus beherbergt ein Museum, in dem es auch Kurioses zu entdecken gibt. Mitte des 19. Jahrhunderts gab es in der Gegend zahlreiche Orangerien, in denen sogar Ananas gezogen wurden – damals ein Exportschlager in alle Welt.