Licht.Macht.Kunst
„Und Gott sprach: Es werde Licht!“ Das alttestamentarische Zitat verweist darauf, wie sehr der Umgang der Menschheit mit Licht seit Jahrtausenden religiös und mythologisch aufgeladen ist. Wenn sich die Nacht über das Land legte, wurde alles Göttliche hell. Mentalitätsgeschichtlich steht Licht für die Überwindung von ideologischer Verdunkelung. Die Zeit der Aufklärung heißt im Englischen „The Age of Enlightenment“. Und immer schon war die Verwendung von Licht Herrschaftsinstrument: Kaiser, Könige und Klerus hatten es in der Hand, was erstrahlen und was im Dunklen bleiben sollte. In der Kunst sind Lichtquellen Arbeitsmaterial: Ohne das technische Wissen um den Einsatz von Licht gäbe es weder Film noch Photographie. Und Künstlerinnen und Künstler thematisieren ökologische Herausforderungen in einer Zeit von Klimawandel und Energiekrisen. In seiner erhellenden Doku beleuchtet Regisseur Martin Vogg die Zusammenhänge von Kunst, Macht und Licht.
Der nächtliche Blick zum Firmament – in die Unendlichkeit, wenn man so will – er ist getrübt. Zu viel Leuchtreklame, zu intensive Straßenbeleuchtung, zu viele hell erleuchtete Schaufenster in unseren Großstädten: Die Nacht, sie wurde in unseren Großstädten zusehends zum Tag gemacht. Lichtverschmutzung ist das Schlagwort der Stunde: die Milchstraße scheint zu gerinnen, das Funkeln der Sterne am Nachthimmel ist kaum noch zu sehen. Siegrun Appelt setzt dem etwas mit ihrer Kunst entgegen: „Slow Light Projects“ nennt sie eine ihrer Aktionen, mit der sie durch Reduktion von Licht neues nächtliches Erleben ermöglichen will. Und der dänische Kunst-Star Olafur Eliasson thematisiert in seinen Arbeiten die ökologischen Herausforderungen unserer Zeit.
Über den Einsatz von Licht wurde und wird stets darüber entschieden, worauf die Aufmerksamkeit der Menschen gelenkt wird – und was im Dunkeln bleiben soll. Heute wird Kerzenlicht mit Romantik assoziiert, spätestens ab den Herrschern des Absolutismus im Barock wurde es zur Demonstration von Macht eingesetzt. Wurden die Menschen in der Kirche durch die Helligkeit der mit teuren Kerzen erleuchteten sakralen Räume beeindruckt, zeigten nächtliche Feste in den Schlössern den Untertanen auf, dass es sich die Herrschaft leisten konnte, in der Nacht zu feiern, während sich alle anderen für den nächsten Arbeitstag ausrasten mussten.
Mit der künstlichen Beleuchtung zunächst durch Gas und dann durch elektrischen Strom veränderte sich das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben radikal. Auf der einen Seite entstand ein reges Nachtleben mit entsprechender Freizeitindustrie, zum anderen konnte in den Fabriken nun auch in der Nacht gearbeitet werden. So wurde Licht zu einem Träger des Kapitalismus. Später pervertierten die Nazis das positiv konnotierte Licht für ihre Zwecke. Mit Fackeln und Flakscheinwerfern inszenierten sie sich als Heilsbringer – und stürzten die Welt in tiefe Finsternis.
Regisseur Martin Vogg folgt dem Licht in das barocke Schloss Eggenburg, wo nächtliche Führungen bei Kerzenlicht stattfinden oder in das Kunstmuseum Wolfsburg, wo derzeit eine Schau der (Licht-)Künstlerin Kapwani Kiwanga zu sehen ist. Weitere Stationen sind unter anderen das Studio von Kameramann und Fotograf Thomas Benesch und das Burg- bzw. Akademietheater, wo Norbert Piller als Lichtmeister Akzente auf der Bühne setzt. Eine der von ihm mitgestalteten Inszenierungen: „Am Ende Licht“.
Gefördert von Fernsehfonds Austria, Land Niederösterreich und der Verwertungsgesellschaft für audiovisuelle Medien (VAM)