Leben für den Tod - Menschen am Zentralfriedhof
150 Jahre Wiener Zentralfriedhof - die legendäre Wiener Ruhestätte, oftmals besungen und verehrt, ist ein wahres Österreichisches Original, das nicht nur Tote anzieht.
Der Zentralfriedhof in Wien Simmering übt auf viele Besucher eine ungewöhnliche Faszination aus, und das nicht nur während der Totenfeiertage um Allerheiligen. Längst ist der zweitgrößte Friedhof Europas, der sich über eine Fläche von 55 Hektar erstreckt, zur Kultstätte geworden. Ein Ort, der abgeschottet von hohen Mauern, auf wundersame Weise seine Lebenden und Toten vereint.
Kaum bekannt sind die Menschen, die am Gelände des Zentralfriedhofs arbeiten und sich um 330 000 Gräber und ihre beheimateten drei Millionen Toten kümmern. Menschen, die ihr berufliches Leben ganz den Toten widmen. Seien es die Totengräber Thomas Zaubi und Dejan Srbulovic, die korrekterweise eigentlich „Gräbergraber“ heißen müssten, die wahre Knochenarbeit leisten und das ohne Zollstock. Bis heute werden die Maße der Gräber anhand der eigenen Schuh- und Körpergröße bemessen.
Willi Heschl, der Schlosser, der in einem Bestatter-Haushalt aufgewachsen ist, in dem die in der Garage gelagerten Särge ihn zu Jugendstreichen verführten.
Die Baumpflegerin Kerstin Peschek, die beim Erklettern der 20 Meter hohen Föhre doch noch außer Atem gerät und gerne einmal flucht.
Wenn jedoch ein Leichenzug vorbeikommt, legen die Arbeiter ihr Werkzeug beiseite, dann sind sie alle stumm. Ihre Kettensägen und die Motoren der Baggerfahrer verklingen – bis der Abstand groß genug ist, wird Respekt gezollt.
Selbst der Geschäftsführer, Markus Pinter macht deutlich, dass ihm angesichts der abnehmenden Sterblichkeitsrate in Wien, das Überleben des Zentralfriedhofs am Herzen liegt.
Was alle hier beschäftigten Menschen gemeinsam haben, ist ihre Offenheit gepaart mit Gelassenheit und einer gesunden Portion Humor. Vielleicht ist es die tagtägliche Konfrontation mit der Endlichkeit, die ein verstärktes Bewusstsein für die eigene Lebendigkeit mit sich bringt. An einem Ort, an dem durch die Präsenz der existentiellen Ebenen unseres Daseins, das Verbindende im Vordergrund steht.
In „Leben für den Tod“ dokumentieren Karin Berghammer und Krisztina Kerekes diese Welt, die offen ist für alle Konfessionen und die sich in ihrer Vielfalt und Pracht als einzigartiges Spiegelbild dieser Stadt präsentiert.