Land der Präsidenten

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Der Mensch ist nicht gern allein. Deshalb gibt's den Verein.

Nina Horowitz hat sich ein halbes Jahr lang im „Land der Präsidenten“ umgeschaut. Beim Modelleisenbahnverein, im Swingerclub, bei der Saunarunde und beim Faschingsgschnas hat sie Paradiesvögel, Alltagsphilosophen und Grantscherben gefunden, für die ihre organisierte Geselligkeit über alles geht.

Die Präsidentin des Swingerclubs „Traumland“ Regina Stockinger
ORF/Nina Horowitz
Die Präsidentin des Swingerclubs „Traumland“ Regina Stockinger

Präsidentin Stockinger ist eine resolute Dame. Sie schaut genau, dass ihre Mitglieder nicht die Manieren bei der Garderobe abgeben. Schließlich ist ihr Swingerclub - den sie in der Wiener Josefstadt gemeinsam mit ihrem Sohn führt - ein gehobenes Etablissement. Aber die Zeiten sind bekanntlich schlecht. Die Leut' haben kein Geld mehr für die Lust, seufzt die Vereinspräsidentin: „Manchmal hab ich fast Existenzängste.“ Deshalb hat sich Regina Stockinger etwas Keckes ausgedacht. „Inkognito“-Partys sollen Schwung in das in die Jahre gekommene Liebesleben ihrer Mitglieder bringen. Sie selbst hat dem Thema mittlerweile Adieu gesagt: „Ich hab in dreißig Jahren so viel gesehen. Ich will nicht mehr.“

Nina Horowitz bei der illustren Saunarunde in der Wiener Hermanngasse
ORF/Gustl Gschwandtner
Nina Horowitz bei der illustren Saunarunde in der Wiener Hermanngasse

Als bodenständige Partie sieht sich die Saunarunde in der Wiener Hermanngasse. Bei neunzig Grad und pudelnackert fällt schon mal die Schamgrenze. Das macht aber nichts. Ein Verein ist auch ein Ort, an dem man sich nicht zu genieren braucht.

Silvia Davidek ist die Herrin der Kassa im Bad in der Hermanngasse in Wien. Aber eigentlich ist sie die geheime Präsidentin der Saunarunde.
ORF/Nina Horowitz
Silvia Davidek ist die Herrin der Kassa im Bad in der Hermanngasse in Wien. Aber eigentlich ist sie die geheime Präsidentin der Saunarunde.

Silvia Davidek ist die Herrin der Kassa im Bad in der Hermanngasse. Sie kennt viele der Herren schon seit Jahrzehnten. Aber zu Haus hat sie einen Mann, der ein paar Tage jünger ist als sie. Sechzehn Jahre, um genau zu sein: „Es war ein gegenseitiges Erhaschen. So ein Leben mit einem jungen Mann ist einfach nur herrlich. Wirklich herrlich. Das kann ich nur empfehlen.“  

Herbert Weindl macht mit seinen Modeleisenbahnen jeden Tag eine Rolle rückwärts in seine Kindheit.
ORF/Nina Horowitz
Herbert Weindl

Der Herr Weindl aus Ottakring hält nichts vom gemeinsamen Schwitzen. Aber er macht jeden Tag mit seinen Modelleisenbahnen eine Rolle rückwärts in die Kindheit. Was für den Vereinsmeier eine Todsünde wär? Nur einen einzigen Waggon aus temporärem Geldmangel zu verkaufen. Das macht man einfach nicht. Seine Sucht ist angeboren, davon ist der ehemalige Beleuchter der Wiener Staatsoper felsenfest überzeugt: „Ich rauch nicht. Ich trink nicht. Wenn man‘s braucht, muss man‘s eben kaufen.“ Nur leider wollen seine Dampfloks nicht immer so wie der Herr Weindl das will. Vor allem im Winter kann es dauern, bis sie sich endlich, endlich schnaufend in Bewegung setzen... 

Regie
Nina Horowitz

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