
Kunst Krimi Klimt
Gustav Klimt: Österreichs Aushängeschild in Sachen Bildender Kunst, verehrt und begehrt. Mehr als 100 Jahre nach seinem Tod ist er immer noch für Rekorde, Sensationen und mysteriöse Rätsel gut. Sein Bildnis Elisabeth Lederer ging jüngst in New York als zweitteuerstes je bei einer Auktion verkauftes Werk in die Kunstgeschichte ein. Das überraschende Auftauchen vor zwei Jahren seines verschollen geglaubten Porträts eines afrikanischen Prinzen bei Wiener Kunsthändlern sorgte für Jubel unter Experten – und war zuletzt ein Fall für die Wiener Staatsanwaltschaft.

Es ist dies der Stoff eines Kunstkrimis wie ihn Hollywood nicht spannungsgeladener ersinnen könnte. Das Regie-Duo Judith Doppler und Rudolf Klingohr begibt sich in seinem Film auf eine Spurensuche mit zahlreichen Volten, Überraschungsmomenten, Triumphen und Rückschlägen.

Rund zwei Jahrzehnte hatte der Kunsthistoriker Alfred Weidinger nach einem verschollenen Gemälde Gustav Klimts gefahndet - dem 1897 entstandenen Porträt eines Schwarzafrikaners. Nur eine Schwarzweiß-Abbildung in einem Katalog deutete auf das Werk hin, das so viele Fragen aufwarf: wen stellt es dar, existierte es überhaupt noch und wenn ja, wo befand es sich?

Immer neue Fährten nahm Weidinger auf, reiste mehrmals nach Ghana, fand dort einen direkten Nachfahren des Porträtierten und konnte letztlich dessen Identität eruieren: Prinz William Nii Nortley Dowuona von der Ethnie der Ga. Groß waren Überraschung und Jubel Weidingers, als er 2023 den Anruf zweier Galeristen erhielt: das Bild befand sich in Wien, von einem ungarischen Besitzer zum Verkauf angeboten.

Ein dunkles, kolonialistisch-geprägtes, der damaligen Zeit verhaftetes Menschenbild, umgibt die Entstehung des Werks. Im ausgehenden 19. Jahrhundert boomten in Wien so genannte Völkerschauen. Befeuert von der Sehnsucht nach der Fremde, wurden exotisch anmutende Menschen im Wiener Prater ausgestellt wie Tiere – und zwar buchstäblich in einem privaten Tiergarten.

So kam es, dass der Prinz vor Klimts Staffelei Porträt saß, ebenso übrigens wie vor jener von dessen Künstlerkollegen Franz Matsch. Dieses „Zwillings-Gemälde“ befindet sich heute in der Nationalgalerie Luxemburg. Dass die Identität des William Nii Nortley Dowuona eruiert werden konnte, ist insofern bedeutsam, als sie einem bis dato namenlosen Schwarzen seine Würde zurückgibt.

Kunsthistorisch bedeutsam ist das Bildnis, weil es eine Neuorientierung in Klimts Schaffen markiert. Noch handelt es sich um keine seiner reich ornamentierten Jugendstil-Ikonen und doch hebt es sich von seinem dem Historismus verpflichteten Frühwerk ab.

Eine zentrale Frage in diesem Kunst-Krimi: Wem gehört das Porträt? Handelt es sich um NS-Raubkunst? Tatsächlich wurde die ursprüngliche jüdische Wiener Besitzerfamilie Klein von den Nazis zwangsenteignet und in die Emigration gezwungen. Ernestine Klein übergab das Werk noch knapp vor der Flucht einem Diplomaten und Hasardeur von zweifelhaftem Ruf in Ungarn, der sich später weigerte, das Bild zurückzugeben. Nun verlangt der ungarische Staat die Rückgabe des Werks und hat einen Ausführungsstopp verfügt, was zur Beschlagnahme durch die Wiener Staatsanwaltschaft führte. Wurde das Gemälde widerrechtlich ausgeführt? Abgesehen vom monetären Wert, wieviel wiegt es im Hinblick auf nationale Interessen und Identität? Der Kunst Krimi Klimt – er bleibt spannend.