
Kunst als Medizin
Im Mittelpunkt stehen die international renommierten Opernsängerinnen Bea Robein und Jennifer Davis, die seit fünf Jahren Workshops abhalten, in denen richtiges Atmen, gemeinsames Singen und Empowerment im Mittelpunkt stehen. „Viele wissen ja nicht, was die Kunst ihnen Gutes tut“, sagt Robein – und macht es mit praktischen Übungen erlebbar.

Die Teilnehmenden berichten von überraschender Kraft, neuem Selbstwert und gelebter Freude. „Das gemeinsame Singen erzeugt Oxytocin in uns, das schafft soziale Verbindung. Und was gibt es Besseres?“, so Robein.

Wissenschaftlich untermauert wird die Wirkung von Kunst auf unser Gehirn durch das europaweite ARTIS-Projekt, geleitet von Professor Matthew Pelowski von der Universität Wien. Mit Methoden wie Near Infrared Spektroskopie und Eye-Tracking erforscht sein Team, wie sich die Hirnaktivität beim Museumsbesuch verändert und welche Kunstwerke besonders berühren. „Die positiven Effekte treten innerhalb kürzester Zeit ein: Man fühlt sich besser, Anxiety und Stress werden reduziert und das schon in wenigen Sekunden.“, sagt Pelowski.

Auch Tanz bringt unmittelbare Erfahrungen: Im Pflegeheim Liesing leiten Wei-Ken Grosmann-Liao und Katy Geertsen eine Tanzeinheit mit Bewohner:innen. Gerade für Menschen mit Demenz werden Musik und Bewegung zu „Nahrung für die Seele“. „Das Leben ist schön, und wenn so was ist, ist es ein Traum“, fasst eine Bewohnerin ihre Erfahrung zusammen.

Im Anton-Proksch-Institut wird Kunsttherapie zu einer wertvollen Ressource in der Behandlung von Suchterkrankungen. Betroffene schildern, wie sich beim Gestalten neue Gedanken und Perspektiven eröffnen. „Das Tun, das Gestalten steht im Vordergrund, nicht der künstlerische Anspruch“, betont Kunsttherapeutin Christina Bodner. Erst durch diesen kreativen Prozess können viele Patient:innen Emotionen benennen, die zuvor verborgen blieben.

Dass Kunst auch in der Arbeitswelt gesundheitsfördernd wirken kann, zeigt sich in Workshops im Rahmen der gemeinsamen Gesundheitstage von ASFINAG und Austro Control. Mitarbeiter:innen wie Führungskräfte erleben die Kraft von Atem- und Stimmübungen – und die Unternehmen erkennen Kunst als wertvolle Säule der betrieblichen Gesundheitsvorsorge.
Trotz aller Erfolge steckt Österreich in der Debatte um „Kunst auf Krankenschein“ noch in den Anfängen, während Kunsttherapie in anderen europäischen Ländern bereits anerkannt ist. Doch der Trend ist eindeutig: Kunst wird zunehmend als Ressource für Gesundheit, Prävention und Lebensqualität verstanden.
Gestaltung
Heidi Neuburger-Dumancic & Manfred Hoschek