kreuz und quer spezial

Wer erträgt das Kreuz - Eine persönliche Suche

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Es ist ein Folterwerkzeug – und gilt dennoch als Zeichen des Heils und der Liebe Gottes: Das Kreuz ist das zentrale christliche Symbol.

Filmemacher Stefan Ludwig begibt sich auf eine persönliche Suche nach einer heute überzeugenden Deutung des Kreuzes. Er sucht nach Antworten in der Kunst und der Theologie, aber auch im Dialog mit Gläubigen und mit Menschen, die das Kreuz vehement ablehnen.

"kreuz und quer spezial": Filmemacher  Stefan Ludwig und Kunsthistorikerin Johanna Schwanberg, Dommuseum Wien
ORF/METAFILM/Stefan Ludwig Film
Filmemacher Stefan Ludwig und Kunsthistorikerin Johanna Schwanberg, Dommuseum Wien

Dabei bleibt das Kreuz stets eine Zumutung, eine Provokation, ein Ärgernis. Auch weil es auf Verdrängtes hinweist: auf die Fragen nach Leid und Tod, nach dem Sieg des Bösen und der erlebten Ohnmacht des Guten.

Filmemacher Stefan Ludwig ist als katholisches Kind mit dem Glaubenssatz groß geworden: Jesus ist für unsere Sünden gestorben.

Aber was war das für ein Gott, der seinen Sohn sterben ließ, um eine Versöhnung mit den Menschen ins Werk zu setzen?

Ludwig nimmt seinen persönlichen Hader mit der Kreuzestheologie zum Anlass für eine filmische Suche nach dem Sinn des Kreuzes: Warum ist das Kreuz so zentral für das Christentum? Gibt es ein Christentum ohne Kreuz?

Ludwig versucht an Knochenfunden die Realität der Kreuzigung zu begreifen: Eine Hinrichtungsart der Römer für Rebellen und Sklaven, die über Stunden qualvoll erstickten.

Viernagelkruzifix vom Zillertaler Meister, Belvedere Wien
ORF/METAFILM/Stefan Ludwig Film
Viernagelkruzifix vom Zillertaler Meister, Belvedere Wien

Jesus so sterben zu sehen, war für seine Jünger ein schweres Trauma. Verständlich, dass das Kreuz gar nicht von Anfang an Teil des christlichen Bilderkanons war: Zu anstößig wäre es für die Zeitgenossen gewesen, die den Anblick ganz realer Kreuzigungen noch vor Augen hatten.

Heute sind es vor allem große Kunstwerke, die die Dramatik des Kreuzesgeschehens für säkulare Menschen immer wieder neu erlebbar machen: Ludwig belauscht Stardirigent Franz Welser-Möst und die Wiener Philharmoniker bei der Probe von Bachs Matthäuspassion. Und er besucht den Kärntner Künstler Valentin Oman, der sein Leben lang Kreuze gestaltet, aber nie einen einzigen Jesus gemalt hat.

Das Kreuz polarisiert: Der katholische Theologe Jan-Heiner Tück deutet das Kreuz als Symbol der Vergebung. Die ukrainische Ordensschwester Svitlana Matsiuk dagegen berichtet, wie schwer es ist, in einem Krieg für Feinde zu beten. Für die protestantische Theologin Eva Harasta offenbart sich gerade im Kreuz die hingebungsvolle Liebe Gottes.

Ihr jüdischer Kollege Yuval Lapide plädiert stattdessen dafür, lieber Jesu Leben ins Zentrum zu stellen als das Folterinstrument, mit dem er ermordet wurde. Harte Kritik äußert die feministische Theologin Regula Strobel.

Sie hat viele Jahre mit Frauen gearbeitet, die von ihren Männern misshandelt wurden, und dabei festgestellt: Das Ideal, sein „Kreuz auf sich zu nehmen“ und still zu leiden, habe Frauen nur allzu oft zurückgehalten, sich gegen Gewalt zu wehren.

Das Kreuz wirft die Frage auf, woran Menschen sich in ihrer letzten Stunde festhalten können. Für die Hospizleiterin und Ordensfrau Karin Weiler ist die zentrale Botschaft des Kreuzes, Leiden und Sterben nicht zu verdrängen.

„Unter dem Kreuz aushalten“ ist für sie die wichtigste Fähigkeit in der Sterbebegleitung. Die Frage muss sich letztlich jeder stellen, zieht Stefan Ludwig Bilanz: Woran hänge ich mein Leben auf? Was ist mein „letzter Grund“?

Gestaltung

Stefan Ludwig

Redaktion

Helmut Tatzreiter