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kreuz und quer

Herr Morgenstern und seine Synagoge

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Fast die gesamte jüdische Bevölkerung St. Pöltens ist der Shoah zum Opfer gefallen. Die Synagoge: dem Abriss nahe.

Hans Morgenstern kämpft gegen das Vergessen. Hans Morgenstern wird 1937 in St. Pölten geboren. Gleich nach dem „Anschluss“ verlassen seine Eltern mit ihm Österreich Richtung Palästina. Familienmitglieder und Freunde, die in St. Pölten zurückbleiben, werden ermordet. 1947 kehren Hans Morgensterns Eltern gemeinsam mit ihrem Sohn nach Österreich zurück. Das St. Pölten, das sie kannten, ist ausgelöscht: Die mit so viel Engagement erbaute und 1913 eröffnete Synagoge fast zerstört.

Es ist ein schonungslos offenes Interview, in dem Hans Morgenstern von seiner Geschichte erzählt, die tiefe Einblicke auch in die jüdische Geschichte St. Pöltens gibt.

Seine Eltern fanden „eigene Wege“, mit der Vergangenheit umzugehen: Am Küchentisch der Mutter trafen sich Überlebende und ließen die Geschichte der jüdischen Bevölkerung St. Pöltens vor dem Krieg lebendig werden.

Sein Vater Egon Morgenstern, schon vor 1938 ein angesehener Rechtsanwalt, beschäftigte sich nach der Rückkehr mit vielen Restitutionen, um zumindest rechtmäßigen Besitz wieder herzustellen.

Hans Morgenstern beginnt zu sammeln und zu schreiben. Er sammelt die Bilder der jüdischen Bewohner/innen der Stadt und schreibt ein Lexikon berühmter jüdischer Persönlichkeiten aus aller Welt.

Das Innere der Synagoge in St. Pölten. Die Renovierung erfolgte in den 1980er Jahren und die Synagoge ist heute als Museum zugänglich.
ORF/Kreativlösung/Gerhard Mader
Das Innere der Synagoge in St. Pölten. Die Renovierung erfolgte in den 1980er Jahren und die Synagoge ist heute als Museum zugänglich.

Ihre Geschichten haben ihre Verbindung auch zur St. Pöltner Synagoge, über viele Jahrzehnte ein „Taubenschlag“ kurz vor dem Abriss. Um die Synagoge vor dem Verfall zu bewahren, schreibt Morgenstern einen Brief, der als Initialzündung für den Erhalt und die Renovierung der Synagoge gesehen werden kann.

Wie Experten und Expertinnen erzählen, ist die St. Pöltner Synagoge nicht nur für die jüdische Bevölkerung von Bedeutung, ist sie doch ein Juwel des Jugendstils, das viel über die Geschichte zu offenbaren vermag. Zerstört wurde sie während der Novemberpogrome 1938, bei denen auch ein großer Teil der wertvollen Innenausstattungstücke verschwand bzw. vernichtet wurde.

Die Interviews mit Hans Morgenstern, Martha Keil (Wissenschaftliche Leitung Institut für Jüdische Geschichte) und Thomas Pulle (Leiter Stadtmuseum St. Pölten) führen durch den Film und lassen gemeinsam mit zahlreichen Originalmaterialien das „Jüdische St. Pölten“ wiederauferstehen.

Gestaltung

Anita Lackenberger

Redaktion

Christoph Guggenberger