kreuz und quer

Satans Rauch. Die Gegner des Papstes

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Seit dem Amtsantritt von Papst Franziskus schienen offene Diskussionen wieder möglich. Doch die Reformkräfte sind zunehmend frustriert, weil konkrete Schritte ausbleiben. Letzteres liegt auch an einer entgegengesetzten Front: Aus dieser Richtung, die jede Reform unterbinden will, hagelt es Angriffe auf das Kirchenoberhaupt aus dem deutschen Sprachraum ebenso wie aus den USA und anderen Ländern: Reaktionäre Gruppen – international gut vernetzt – gehen so weit, dem Papst vorzuwerfen, er verbreite selbst Irrlehren, er sei somit ein „papa haereticus“. Die Gefolgschaft verweigern sie ihm – denn sie sehen mit dem Reformgeist auch „den Rauch Satans“ in die Kirche eingedrungen, wie es schon Papst Paul VI. bald nach dem Konzil formuliert hatte. Diese Angriffe kommen ausgerechnet aus Milieus, die sich unter Johannes Paul II. und Benedikt XVI. als die einzig „Papsttreuen“ bezeichnet hatten. Wer sind diese Gegner des gegenwärtigen Pontifex maximus? Was ist ihr Kirchen- und Weltbild? Und von wem werden sie – und aus welchen Gründen – unterstützt? Diesen Fragen geht Christian Rathner in der „kreuz und quer“-Dokumentation „Satans Rauch. Die Gegner des Papstes“ nach.

„Der Papst ist in der Zange“, konstatiert der Vatikan-Journalist Marco Politi. In seinem Buch über das „Franziskus-Komplott“ stellt er fest, dass sich die kirchliche Opposition gegen den Papst mit politisch-ökonomischen Interessen verbündet habe. Damit stehe Franziskus einer breiten Front von Kritikerinnen und Kritikern innerhalb und außerhalb der Kirche gegenüber. Christian Rathner hat für „kreuz und quer“ einige dieser papstkritischen Stimmen gesammelt: in Österreich, in den USA und in Italien. Die einen beklagen, dass seit Jahrzehnten säkular-humanistisches Denken in die Kirche eingedrungen sei. Andere, vor allem in den USA, sorgen sich um ihre katholische Identität in einem protestantisch geprägten Land.

Wiener Gesprächspartner ist der katholische Aktivist Alexander Tschugguel, der sich mit einer Aufsehen erregenden Aktion weltweit einen Namen gemacht hat: Während der Amazonien-Synode im Herbst 2019 in Rom entfernte er Holzfiguren, die die Andengöttin Pachamama darstellen, aus einer Kirche und warf sie in den Tiber – zur Verteidigung des Ersten Gebots, wie er zu Protokoll gibt. Viel Applaus erhielt er dafür nicht zuletzt in den USA, zum Beispiel vom katholischen Publizisten und Buchautor Taylor Marshall. Im Interview zitiert Marshall Papst Paul VI., der schon in den 1970er Jahren davon gesprochen hat, dass der „Rauch des Satans“ in die Kirche eingedrungen sei.

Der Chefredakteur des in New York erscheinenden Magazins „First Things“, Rusty R. Reno, ist katholischer Theologe und kämpft vehement für die Bewahrung einer katholischen Identität in den USA. Die Kirche müsse „Mauern errichten“, um unterscheidbar zu bleiben, sagt Reno. Eine der Autorinnen von „First Things“, die katholische Historikerin Bronwen McShea, erzählt von den Schwierigkeiten katholischer Einwanderer-Gruppen, ihren Ort in der amerikanischen Gesellschaft zu finden – und von der Sehnsucht vieler junger Katholikinnen und Katholiken nach alten Riten. Philip Lawler, Autor eines papstkritischen Buches, sagt, die Kirche müsse auf jeden Fall ihre immer und überall gültige katholische Lehre hochhalten. Und damit auch in Zukunft geschiedenen und wiederverheirateten Katholikinnen und Katholiken ausnahmslos die Kommunion verweigern.

Im Kloster Trisulti östlich von Rom möchte der Brite Benjamin Harnwell, Mitgründer des Instituts „Dignitatis Humanae“, gemeinsam mit dem Ex-Präsidentenberater Stephen Bannon eine „Akademie“ errichten, die sich die „Rettung des christlich-jüdischen Abendlandes“ zum Ziel gesetzt hat. Der Papst predige mehr über Klimawandel und Flüchtlinge als über Sünde und Erlösung, kritisiert Harnwell. Für ihn steht der Papst, der die ökonomische Ungleichheit anprangert, zu weit links. Er solle sich aus der Politik heraushalten, sagt Harnwell. Der Historiker Roberto de Mattei, ein über Italien hinaus bekannter Wortführer der konservativen Opposition in der Kirche, pflichtet Farnwell bei. Die Kirche solle nicht Brücken bauen, sondern Mauern, findet auch er: Mauern gegen die Feinde unserer Kultur.

Völlig anders sieht der Vatikan-Journalist Robert Mickens den Papst. Wie keiner seiner Vorgänger stelle Franziskus das Evangelium in den Mittelpunkt – also den christlichen Glauben anstelle eines „römischen Katholizismus“ – und mache damit jene nervös, die ihre katholische Identität auf Äußerlichkeiten stützten. Ein Ende der Debatte ist nicht in Sicht.

Gestaltung

Christian Rathner

Redaktion

Helmut Tatzreiter