kreuz und quer

Biblische Missverständnisse - und ihre Folgen

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Kein Buch wurde so oft gedruckt und in so viele verschiedene Sprachen übersetzt wie die christliche Bibel. Um ihre Texte jedoch ranken sich zahlreiche Missverständnisse.

Die neue „kreuz und quer“-Dokumentation „Biblische Missverständnisse – und ihre Folgen“ von Regisseur Fritz Kalteis beleuchtet die wohl hartnäckigsten Fehldeutungen der Bibel – und deren Folgen.

Seit Menschen die Bibel lesen, wird um ihre Bedeutung gestritten. Manche der Fehldeutungen halten sich hartnäckig – und haben oft schwerwiegende Auswirkungen, wie etwa die vermeintliche Unterordnung der Frau. Und wie steht es um andere Aussagen? Soll sich der Mensch die Erde tatsächlich Untertan machen? Sollen Christen tatsächlich glauben, dass Maria vor, während und nach der Geburt Jesu Jungfrau geblieben ist? Hat das Neue Testament das Alte abgelöst? „kreuz und quer“ geht diesen und anderen Missverständnissen nun auf den Grund. Einen der populärsten Irrtümer betrifft bereits die Entstehung der Bibel: Sie wurde nicht – wie oft vermutet – von Gott diktiert oder ist gar vom Himmel gefallen.

Im Gegenteil. Die Texte der Bibel wurden über Jahrhunderte gesammelt und immer wieder verändert, bis sie nach gut 2.000 Jahren als Kanon fixiert wurden. Seither ist die Bibel praktisch unverändert – nicht aber ihre Auslegung.

"Biblische Missverständnisse - und ihre Folgen": Gottes Wort in Menschenwort: beinahe jeder liest die Bibel anders.
ORF/Metafilm
Gottes Wort in Menschenwort: beinahe jeder liest die Bibel anders.

„Die Auslegung der Bibel muss sich der jeweiligen Epoche anpassen“, betont die Grazer Bibelwissenschafterin Irmtraud Fischer. Sie erforscht die Bibel seit 40 Jahren aus feministischer Sicht. Ebenso lange kämpft Fischer gegen ein besonders hartnäckiges Missverständnis: Dass sich aus der Bibel die Unterordnung der Frau ableiten ließe. Vielmehr sei eine „egalitäre Geschlechterordnung“ gottgewollt. Unterstützung bekommt Fischer vom Theologen und Bibelblogger Oliver Achilles. Er analysiert im Film biblische Szenen in Gemälden von Lucas Cranach bis Gustav Klimt. Während Cranach Eva und damit die Frau als dem Mann nachgeordnet zeigt, malt Klimt Adam und Eva als Paar auf Augenhöhe. „Eva ist Adam absolut nicht untergeordnet, sie ist auf einer Ebene mit ihm.“ Das deckt sich für Achilles auch mit dem Urtext der Bibel, in dem die Frau als Hilfe des Mannes bezeichnet wird: „Diese Hilfe braucht der Mann, um mit dem Leben zurande zu kommen – und ist nicht als Dienstbotentätigkeit oder Unterwürfigkeit zu verstehen“, so Achilles.

Biblische Missverständnisse entspringen Übersetzungsfehlern, den Traditionen der Kirche, irreführenden Darstellungen in Kunst und Kultur oder mutwilligen Verdrehungen. Die wohl folgenreichste Missinterpretation betrifft den „Gottesmordvorwurf“ gegen die Juden. „Heute würde es uns völlig grotesk vorkommen, wenn man ‚die Italiener‘ als ein von Gott verfluchtes Volk bezeichnen würde, weil sie Jesus umgebracht haben, obwohl es römische Soldaten waren, die ihn hingerichtet haben“, sagt Oliver Achilles. Dennoch muss der Gottesmordvorwurf seit der Kreuzzugszeit als Begründung für die Verfolgung von Juden herhalten und wird bis heute erhoben. Deutlich zeigt sich: Wer will, kann beinahe jedes Argument mit einem Bibelzitat untermauern – oder widerlegen.

"Biblische Missverständnisse - und ihre Folgen": Prof. Dr. theol. Simone Paganini im Interview
ORF/Metafilm
Prof. Dr. theol. Simone Paganini im Interview

„In die Bibel alles hineinzulesen, was man will, ist aber kein korrekter Umgang mit der Bibel“, betont der italienische Bibelhistoriker Simone Paganini. Und: „Wenn man aber fähig ist zu differenzieren, dann nähert man sich an Etwas, was Wahrheit sein kann.“

Gestaltung

Fritz Kalteis

Redaktion

Helmut Tatzreiter