Humanoide Roboter sind inzwischen fester Bestandteil unseres Alltags.
ORF/Neulandfilm
Humanoide Roboter sind inzwischen fester Bestandteil unseres Alltags.
Zum 75. Geb. v. André Heller am 22.3.2022:

kreuz und quer

Das Ende der Seele

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Religion verändert sich. Es wachsen Formen des Religiösen, die unter dem weiten Begriff der Spiritualität zusammengefasst werden können.

Was das Spirituelle ist, muss jede/r selbst erfahren und auslegen. Um diesem Phänomen auf die Spur zu kommen, kann man nur Individuen nach ihrem persönlichen Zugang fragen.

Zum 75. Geburtstag des Universalgenies André Heller zeigt „kreuz und quer“ den Film „Das Ende der Seele“ von Lukas Sturm und Valentin Badura.

Gefilmt in Hellers Ateliers und Gärten in Marokko zeigt der wortmächtige und fantasiereiche Künstler seinen Erfahrungsweg zur Spiritualität.

„Das Ende der Seele“

Der Gedanke, dass der Mensch beseelt ist und auch Tiere und Pflanzen eine Seele haben, ist so alt wie die Menschheit. Die alten Ägypter hatten ein ausgefeiltes Konzept der Existenz von gleich drei Seelenaspekten (Ka-Ba-Ach).

Aristoteles definiert sie bescheidener – als das „Prinzip der belebten Wesen“. Wer glaubt, nur das unmittelbar Beobachtbare sei objektiv vorhanden, tritt dem Begriff meist mit Skepsis gegenüber. Vorstellungen von einem unsterblichen Anteil im Menschen sind in allen Kulturen seit jeher präsent – und bis heute ein prägender Teil geblieben.

Löst sich die Vorstellung von Seele im Zeitalter der Digitalisierung in Nullen und Einsern auf? Diese provokante These vertritt Natasha Vita-More, die sich für die Sendung als 3D-Figur reproduzieren lässt. Sie ist Anhängerin des Transhumanismus. Die Grenzen menschlicher Existenz, so auch die Sterblichkeit, stellt sie infrage.

Sie schildert als mögliches Zukunftsszenario, dass die Identität der menschlichen Person „ausgelesen“ und auf einem Datenträger geladen werden kann, um sie sodann einem anderen Organismus einzupflanzen. Vita-More ist der Überzeugung, dass dabei sogar die Seele erhalten bleibt.

Die gegenteilige Position vertritt der österreichische Künstler, Autor und Dichter André Heller. Seinen Garten in der Nähe von Marrakesch, dem er nach dem lateinischen Wort für Seele den Namen „Anima“ gegeben hat, sieht er als einen Hort des Seelenheils.

Es ist ein paradiesischer Garten voller beseelter Natur. Von einer technisierten, schnelllebigen Welt findet sich hier keine Spur. Seele ist für Heller nicht das künstlich Geschaffene, sondern die „Vielfalt dieses Ausbildungsprogramms Erde“.

In der Pflege kommt die Nachbildung einer Robbe zum Einsatz, die durch Robotik ganz ähnlich wie ein Lebewesen agiert. Von den Patientinnen und Patienten wird diese Robbe auch tatsächlich wie ein Lebewesen behandelt. Wird hier die Pflege von Menschen an Maschinen ausgelagert? Die Pflegekräfte sind sich dieser Gefahr bewusst, die Roboterrobbe „Hanni“ wird nur unter strenger Überwachung eingesetzt.

Roboter "Pepper" unterhält sich mit Kunden in einem Supermarkt
ORF/Neulandfilm
Roboter "Pepper" unterhält sich mit Kunden in einem Supermarkt

In Zukunft könnte der Alltag noch viel stärker von humanoiden Robotern geprägt werden. Ihre Massenfertigung hat bereits begonnen. Doch je nach Wunsch der Kundinnen und Kunden haucht ihnen der Softwareentwickler Dimitrios Prodromou eine „Seele“ ein. Der paradoxe Befund der Roboterpsychologin Martina Mara: Je menschenähnlicher ein Roboter erscheint, desto befremdlicher.

Anthropologe Constantin von Barloewen vertritt die These, dass das gegenwärtige Zeitalter von Technizismus geprägt sei und Technik geradezu zum Gottesersatz erhoben wurde. Theologe und Mediziner Matthias Beck ist überzeugt, dass auch Atheisten den Unterschied zwischen einer Supermarktfiliale und einer Kirche spüren.

Dass heute weniger Menschen in die Kirche gingen, bedeute nicht, dass es kein spirituelles Bedürfnis gebe. Es werde nur noch anders ausgelebt. Ob Roboter eine Seele haben, wirft für Beck eine weitere Frage auf: Verlieren wir im Angesicht der fortschreitenden Technik das Bewusstsein dafür, wer wir sind?

Ein Film von Lukas Sturm und Valentin Badura.